S E G N E N . . .

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die sonnenstrahlen in den ahornbäumen am rande des fritzlarer friedhofes locken mich – weg von meinem eigentlichen vorhaben.
mir fällt ein, dass ich vor jahren einen alten grabsandstein fotografiert habe, der mich sehr beeindruckt hat. ein gewellter rock einer mutter, die ein kind an der hand führt, in der gleichen hand einen schlüsselbund. so voller anrührender symbolik…

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ich könnte schauen, ob es diesen grabstein noch gibt. ich erzähle das einer frau, die auf den friedhof will. ja, sagt sie, der steht da hinten an der wand und zeigt mit der hand in die richtung. ich wusste, dass der stein an einer wand stand, aber wo die wand war, wusste ich nicht mehr. es ist beinahe zwanzig jahre her. ich finde ihn und mache ein paar fotos. er hat sich in der zwischenzeit enorm verändert. fast erkenne ich nicht mehr, was er darstellt

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ich schleiche mich hinweg.

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einem mann mache ich ein kompliment, dass er sein familiengrab so herausgeputzt hat (obwohl ich die vom herbstlaub bedeckten viel schöner finde – sein bemühen ist lobenswert). und während ich mit ihm rede, fällt mein blick auf die schrift auf der säule, die die namen der toten trägt – und – ich lese meinen familienname. es ist wie ein omen, ein zeichen. ein gespräch entspinnt sich. seine frau und schwester kommen auch noch dazu. ich fühle mich wie aufgenommen.

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ich liebe friedhöfe. besonders dann, wenn ich mit den toten allein bin. der dialog geht dann wie von selbst. heute liebe ich diesen laubfriedhof, weil er mit den fallenden blättern das loslassen symbolisiert und weil wir in dem vergehen des laubes (so die blätter nicht weggeräumt werden) den kreislauf nachvollziehen können.

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in allen jahreszeiten zeigt er sich besonders in den gärten des todes in seinem lebensrad. und wir können uns ungestört unseren betrachtungen und weitgespannten gefühlen hingeben.

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tod im leben – leben im tod. es ist stimmig. es nimmt mir die angst vor dem ungewissen.

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alles verschiebt sich.
das christliche allerheiligen ist ein aus dem keltischen entwendeter brauch, wo einst die göttin caileach verehrt wurde, die die jahreszeiten gestaltete.
ich frage mich, warum werden ‚die gräber’ gesegnet, wieso nicht die toten? aber die brauchen unseren menschlichen segen ja nicht.
segnen ist immer gut. es liegt in der demut der menschen.
auch wenn es nicht an allerheiligen, sondern zwei tage später geschieht, weil
die meisten da nicht arbeiten müssen.

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