dass das mohnfeld nach der d12 weichen muss, steht fest.
die kasseläner wollen ihre platte, grüne wiese wieder.
damit wäre das mohnmärchen abrupt zuende. keine geduld, keine neugier. die stadt der märchen liebt keine märchen. sie liebt, dass etwas ist wie immer.
das gewohnte, das, was sie kennen. das versprochene rot ist eingetreten, wenn auch viel zu spät, aber nun ist schluss damit. dabei lebt es im mohnfeld. es sieht zwar struppig aus und wild, doch natur hat ihre eigene ordnung.
vielleicht nicht für immer eine wilde wiese. aber ein jahr würde ich ihm geben, dem documentafeld. nach einem jahr würde ich gern neu schauen, was da so alles hervorkommt. und es kommt ja jetzt schon mehr als genug hervor. unkraut, wie die leut gern zu den pflanzen sagen, die sie nicht aus ihrem garten kennen, hat auch seine schönheit – und seine berechtigung, allemal.
das ‚mohnmärchen’ könnte ja hier seinen ursprung haben. aber es muss ‚gesponnen’ werden – ein drittel aus den tatsachen, zwei drittel fantasie.
ich eröffne hiermit den wettbewerb
KASSELER MOHNMÄRCHEN
viel freude dabei…
DER MOHN
Ludwig Uhland, (1787-1847)
Wie dort, gewiegt von Westen,
Des Mohnes Blüte glänzt!
Die Blume, die am besten
Des Traumgotts Schläfe kränzt;
Bald purpurhell, als spiele
Der Abendröte Schein,
Bald weiß und bleich, als fiele
Des Mondes Schimmer ein.
Zur Warnung hört ich sagen,
Daß, der im Mohne schlief,
Hinunter ward getragen
In Träume schwer und tief;
Dem Wachen selbst geblieben
Sei irren Wahnes Spur,
Die Nahen und die Lieben
Halt‘ er für Schemen nur.
In meiner Tage Morgen,
Da lag auch ich einmal,
Von Blumen ganz verborgen,
In einem schönen Tal.
Sie dufteten so milde!
Da ward, ich fühlt es kaum,
Das Leben mir zum Bilde,
Das Wirkliche zum Traum.
Seitdem ist mir beständig,
Als wär es nur so recht,
Mein Bild der Welt lebendig,
Mein Traum nur wahr und echt;
Die Schatten, die ich sehe,
Sie sind wie Sterne klar.
O Mohn der Dichtung! wehe
Ums Haupt mir immerdar!