HARRY KRAMER
25. januar 1925 in lingen – 20. februar 1997 in kassel
18. TODESTAG
Harry Kramer: Sterben ist im Leben wenig neu, jedoch auch leben, freilich, ist nicht neuer …
ich erinnere mich: oft besuchte ich HARRY KRAMER in seinem atelier. zwar studierte ich grafik design und vorwiegend fotografie bei gunter rambow. doch harry war einer meiner prüfer bei meiner abschlussarbeit. harry war anwesend in seinen räumen und irgendwie war immer was los in seinem atelier. er arbeitete vor ort und ich konnte ihm zuschaun, z. b. bei der erschaffung seiner 24 großformatigen schrifttafeln – APOKALYPSE – unterschiedliche punktraster in acryl auf leinwand.
nicht pünktchen pünktchen… sondern, so
wikipedia: Apokalypse ist der Titel von 24 großformatigen Schrifttafeln Harry Kramers, die zwischen 1979 und 1987 entstanden. Sie zeigen die 21 Kapitel der Offenbarung des Johannes sowie das 1. Buch Mose und Daniel 5 in der Übersetzung von Martin Luther (WKV 348 und 349, 1979) und Heinrich Heines Belsazar aus dessen Buch der Lieder (WKV 374, 1987) in unterschiedlichen Punktrastern in Acryl auf Leinwand. Die Raster ergeben sich aus den für die einzelnen Tafeln jeweils festgelegten Vierfarbkombinationen für jeden Buchstaben des Alphabets.
tiefsinnig waren seine verrückten aktionen, er wollte provozieren, wachrütteln, die kunst in ein anderes licht rücken, wie z. b. mit dem akt, sich im fridericianum einmauern zu lassen. ich studierte von 1978 bis 1985 und habe viele seiner früheren aktionen nicht miterlebt. doch seine ,PINKELBILDER‘ entstanden während meiner zeit, und ich fand diese aktion durchaus verständlich, egal auf wen oder was er da pinkelte – sein protest war einleuchtend und die bilder leuchteten auch…
bei den pünktchen-pünktchen-bildern bewunderte ich seine ausdauer und konsequenz. wenn ich ihm dabei zuschaute, fiel ich fast in trance. was den sog ausmachte, kannn ich nicht sagen, die punkte oder die zwischenräume oder die farben. sie bildeten zusammen ein schema und zusammen ergaben sie sicherheit…
fotos: rosadora g. trümper tuschick
1984 fotografierte ich ihn in seinem haus am brasselsberg mit frau helga und puppen am runden tisch. er führte uns – ich war mit einem studienkollegen zugange – in seinem haus und garten herum. der grund, was der knüpfpunkt für seine puppen war, die nicht nur im haus, sondern auch im wohnwagen seiner frau, helga, platziert waren, wurde mir nicht einmal im ansatz klar. erst heute weiss ich die zusammenhänge, sie zu erzählen würde seiten füllen…
noch zu erwähnen wäre GUNTER DEMNIG, ein jüngerer mitarbeiter harrys, der oft anwesend war, wenn ich harry in seinem atelier besuchte. da hatte er mit seinen DENKSTEINEN noch nichts am hut. der bunte papagei auf seiner schulter beeindruckte mich sehr. disziplin bei grösster freiheit breiteten sich aus bei mensch und tier…
harry kramer setzte sich auseinander mit den Positionen der Kunst des 20. Jahrhunderts. dem „erweiterten Kunstbegriff“ eines Joseph Beuys unterstellte er „allerbeste Absichten“ nebst einem „Bündel von Widersprüchen“.
mit seiner KÜNSTLER NEKROPOLE im habichtswald gewann harry kramer seine grösste aufmerksamkeit. in diesem akt wurde sichtbar, dass er nicht nur spinnede ideen hatte, deren sinnhafte absichten nicht immer erkennbar waren, sondern ein tiefsinniger mensch war.
er trug damit kunst in den öffentlichen raum. er gab anstoss über das, was kunst ist und kann nachzudenken und war beispielhaft in seiner zeit.
Wie spannend diese Biografie! Und deine kunstvollen Schwarzweissbilder des Paars (man beachte die synchrone Körper- und Armhaltung) sind einzigartig und faszinierend.
Liebe Grüsse,
Brigitte
Die Paarfotos habe ich mir länger angeschaut. Dachte zuerst, die Frau wäre Rosadora. Gewisse Ähnlichkeit.
Was haben diese Puppen für eine Bedeutung, ist das irgendwo nachzulesen?
Vorfrühlingsgruß von Sonja
liebe sonja
diese foto habe ich gestern von meiner freundin bekommen
da habe ich auch gedacht, dass es eine ähnlichkeit hat mit helga kramer
du sagst es – eine gewisse ähnlichkeit
mit den puppen haben einige künstler, die sich seinerzeit in paris aufhielten,
angefangen – aus ganz verschiedenen gründen. die künstlerinnen und künstler
kannten sich untereinander. harry kramer mit marionetten – sein mechanisches theater
eva aeppli, die heute grosse aus der schweiz und älter als ich,
hat anfanfangs ihre puppen verschenkt – wie frauen das oft tun
und sich selbst nicht wertschätzen. auch, weil der weg noch nicht klar war.
schau mal nach unter eva aeppli auf meinem blog. da erwähne ich diese
gruppe schon mal
über seine puppen und wie das genau war finde ich einfach nichts genaues. klick mal unter wikipedia.
alles stark verkürzt: …1951/52 zogen Harry Kramer und Helga nach Berlin, wo er ab 1952 seine ersten Figurinen für ein später so genanntes Mechanisches Theater entwickelte. Sie bestanden aus Draht, Papier und Holz und bewegten sich nach Musik; die erste Figur, eine Marionette, habe er, so Kramer in seiner Autobiografie, „gebastelt“, um „seine Freundin ein wenig aufzuheitern“, die als Fotomodell für Unterwäsche das Geld verdiente „in Triumph – krönt die Figur“.
helga wurde seine frau. sie lebt heute in paris, so ich weiss – od. nicht weiss…
puppen wird ja so schnell kein künstlerischer wert zugemessen. aber ich denke, sie hatten enorme bedeutung, auch in seinem späteren leben, wie die bilder zeigen. aber das war nur der anfang. harry war vielseitig und wie du siehst, hat ers ja vom friseur zum professor geschafft und mehr…
so weit erst mal. kannst ja noch mal nachfragen
rosadora