ganz unschuldig steht es da – das fridericianum – in hoffendem grün. in meditativer ruhe, sich erholend von den vielen schritten und tritten, den ausdünstungen der menschen, und dem geplapper, das dem gemäuer unverständlich bleibt, die geheimnisse haltend und festhaltend für die nächsten tage und ihre besucherinnen, die vielen deutungen mit lob und tadel nicht vernehmend.

der beuys-geist schwebend über den beiden aktionsbäumen, dem dach des fridericianums, der alten brüderkirche, wo der vortrag von johannes stüttgen über den ‚BEITRAG JOSEPH BEUYS AUF DER D 5, 1972’ verklungen ist, dem d12-gelände, und weiterreichend bis hamburg und düsseldorf und, und, und…

DASS DES VOLKES KAPITAL KREATIVITÄT IST, POLITIK ZUR KUNST WERDEN MUSS,
zieht sich auch auf dieser documenta wie ein roter faden von werk zu werk.
vielleicht ist dies das geheimnis, dass so viele menschen zu dieser schau der besonderen art nach kassel kommen. vielleicht sind die vielen bemühungen, zu verstehen, u. a. daran abzulesen, dass noch nie so viele sich in katalogen
vertieft durch die räume bewegten. ob ihnen dadurch etwas klarer wird, ihnen einsichten zufallen – ich bin nicht sicher.
joseph beuys lässt verlauten,
dass ‚ES WICHTIG IST, ERST EINMAL NICHTS ZU VERSTEHEN’.

ich übe mich in geduld. manchmal dauert es jahre, bis sich etwas deutlicher zeigt, bis sich etwas einstellt, das einem verstehen gleich kommt.
und:
‚OHNE DIE ROSE TUN WIR NICHTS, SONST KÖNNEN WIR JA NICHT DENKEN.’

auch gestern abend fehlte die rose nicht – die rose als sybol für das zentrum des menschen, das herz. die rose als symbol der liebe, die unserem geistigen
denken zugrunde liegt, wenn wir die gleichheit der menschen anstreben. diesem denken versuchte beuys in seiner aktion
‚100 TAGE DIREKTE DEMOKRATIE’ gestalt zu geben und weiter zu entwickeln.

Der OMNIBUS FÜR DIREKTE DEMOKRATIE DEUTSCHLAND steht noch 20 tage auf dem königsplatz.