D 12 – AI WEI WEI …

FAIRYTALE

‚zwischen zwei stühlen sitzen’ kann frau schnell, wenn sie stellung nimmt zur kunst auf der documenta und der ausstellung überhaupt, egal, ob in die positive oder in die negative richtung.

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ich bevorzuge, auf einem stuhl zu sitzen und das bewusst.auf den stühlen von ai wei wei im aue-pavillion nehmen die menschen platz – ganz selbstverständlich – ohne sich bewusst zu machen wie es wäre, wenn sie die ganzen 11000 qm durchlaufen müssten ohne zwischenhalt.
‚hier fehlen stühle, ich kann nicht mehr stehn’, sagt eine frau in der neuen galerie.

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mal sitze ich hier, mal dort, und immer entspinnt sich ein gespräch. erst einmal platz genommen, entspannt, finden die besucherinnen den rechten, den documenta-ton. vorwiegend geht es um kunst allgemein und im besonderen, um ai wei wei und ai wei weis stühle. ‚die kann man kaufen’, sagt eine frau, ‚aber sie sind mir zu teuer. 3000 euro. ich wollte sie vor den kamin stellen, doch sie sind für längeres sitzen unbequem.’
was alles ist kunst? kommerz? schönheit? bequemlichkeit? habenwollen? wiedererkennen? joseph beuys würden sich die haare sträuben (und mir auch).
dass die stühle ein teil von ai wei weis‚fairytale’ sind, kommt selten zur sprache. ein märchen, das sich hier auf der documenta und in kassel entfaltet hat und noch ‚weiter-erzählt’, nachdem die chinesinnen und chinesen längst wieder abgereist sind.

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eine hommage an die gebrüder grimm, an kassel also. märchenerzählen hat in china keine tradition. die 1001 chinesinnen und chinesen werden also eine erzählform ‚einschleppen’ in ihr land, werden von ‚ihrem märchen’ erzählen, das sie in deutschland, in kassel, erleben durften.
märchen sind nicht immer nur kindermärchen. ‚tausendundeine nacht’ ist eines für erwachsene, eines, das keine feste quelle hat, sich ebenfalls ‚verschleppt’ hat von indien über persien nach arabien. wir kennen es als ‚orientalisches märchen’. die 1001 stühle sind also auch märchenhaft angelehnt.

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mein persönliches fairytale-erleben voller zauber.
diese idee, es menschen zu ermöglichen andere menschen treffen zu können, die noch nie aus ihrem wohnort herausgekommen sind.
diesen menschen gastfreundschaft zu erweisen durch bereitgestellte stühle, in einem land, indem ai wei wei selbst gast ist, (und ein bett und ein essen u. u. u.).
‚kunst, das sind keine objekte. kunst, das ist das leben’.
ai wei weis anwesenheit, wenn er zwischen den hallen des auepavillion hin und her schritt, war mir wie eine beruhigung, ein ruhender pol.
bei allem, was schief, ging, bewahrte er gelassenheit und die zuversicht, dass
alles seine richtigkeit und berechtigung hat.

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den märchenfaden durch die ganze ausstellung ziehen – wer das könnte –
wie ein chinesischer künstler sagt ‚ich bin gespannt, was passiert, ob er untergeht, vielleicht fängt er an zu fliegen, oder verschwindet plötzlich’.
ich bin neugierig, wo das märchen seine weiteren geheimnisse findet…

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