d12 – NEUE SICHT…

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erst einmal muss ich sie wagen – die neue sicht.
ich drehe mich, ich wende mich, schaue zum himmel, dem viel beachteten in diesen tagen und beschliesse, ihm eine besondere rolle zuzuordnen. er gibt eine fantastische kulisse ab. ai weiweis kunstwerk template erhält eine unbeeinflussbare theatralik. die wolken ziehen, sie ziehen schnell, so, als müssten sie den vielen (immerhin) besucherinnen eine sich fortwährend erneuende szene bescheren. sie tun ihr bestes, die wolken. sie ziehen die blicke in die höhe, legen sich platt über den ganzen gebäudekomplex, rennen hier und da hin, wechseln in raschem tempo die farbe. dann bleiben sie fast stehen über dem strahlenkreuz des sich windenden templatewesens, so als wollten sie ein zeichen setzen, etwas verdeutlichen. aber was?!

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fast möchte ich es streicheln, das kunsttier, ihm beteuern, ich komme wieder. es ist mir vertraut geworden über die wochen. und so, wie man nach einem kranken tier schaut, sich sorgt, es nicht in stich lässt, schaue ich regelmässig, wie es meinem tier geht.
den wolken bin ich dankbar, dass sie sich so liebevoll über dieses tier beugen, von dem alle glauben, es sei gestorben. aber es ist ja nicht weg dadurch.
ich erfasse die athmosphäre um mich herum und um das tier mit all meinen sinnen, schnuppere, was für ein geschmack sich breitet, fühle die temperatur, merke, wie sich die situation auflädt durch die menschen, die neugierigen. wie, um es zu schützen, das tier, springe ich hin zu unachtsamen äusserungen, die sein wesen oder gar die ganze kunstdeutung betreffen. wie selbst erniedrigt durch die abwertungen, gebe ich meine eigenen deutungen preis, versuche die lage zu retten und geradezurücken. meistens ergeben sich interessante gespräche, und schon allein dadurch, dass die menschen bereit dazu sind, sich gern anhören, was ich zu sagen habe, bin ich besänftigt und gewillt, meinen blick nocheinmal und nocheinmal zu revidieren.

nach allen seiten wende ich mich. Die pavilliondächer, die in sie hinein- oder auch hinausgreifenden rohre, die wände, gold und silber, inspirieren mich nicht weniger. Die leut’ schauen, was ich fotografiere. Manche sind schon erstaunt darüber, wie man so eine ruine fotografieren kann. (‚ bauschrottkathedrale’ nennt niklas maak von der f.a.z. sie lieblos und verachtend.), aber was es da in die entgegengesetzte richtung und hochoben zu sehen oder zu fotografieren gäbe, sehen sie nicht.
die wolken spielen mit. sie reissen alles heraus, sie probieren eine gestaltungsmöglichkeit nach der anderen. wenn sie sich wieder verzogen haben, wird mein tier verwaist daliegen.

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2 thoughts on “d12 – NEUE SICHT…

  1. Das sieht ganz phantastisch aus (auch im Wortsinn). Wie ich das Kunstwerk finden würde, wenn ich davorstünde und vor allem, wenn diese Wolken nicht wären, das weiß ich natürlich nicht.

  2. Sehr schöne Bilder und ein wundervoller Resonanz-Text!!! Wie du in dich hinein lauschst und beobachtest, wie das Kunstwerk wirkt… toll!

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