PIERRE HUYGHES
untilled
karlsaue
262 nr. 83
„Lebendige Wesen und leblose Dinge, gemacht und nicht gemacht“,
lautete der Arbeitstitel des Werks, das das Nebeneinander von menschlichen und nicht-menschlichen „Produzenten“, von dem die Chefkuratorin spricht, sehr direkt umsetzt. Als Idylle ist das nicht notwendig zu lesen – spätestens das gefärbte Hundefell erzählt schließlich auch von Übergriff und Machtausübung zwischen den Spezies.
human, die ich yuma nenne, und senior, der kleine welpe, sind die lichtblicke in der kompostlandschaft. sie werben nicht, sie locken nicht, sie sind einfach da.
yuma ist zu dünn, wie ich finde, aber ein dicker podenco wäre auch nicht das wahre – also, so dazwischen. andré sagt, der tierarzt meint, sie sei gesund.
senor ist bald kein welpe mehr, er wächst und wächst.
an das pinkene bein habe ich mich inzwischen gewöhnt, ein hingucker eben, obwohl ich anfangs auch dachte, das kann man einem tier nicht antun. es kratzt an seiner würde.
die pflanzen, die teils heilende, teils giftige auswirkungen haben für mensch und tier, gedeihen hier prächtig. kompost ist die allerbeste voraussetzung für wachsen und blühen. und das indische springkraut, das dominierende, wird bald die ganze halde mit ihrem duft umströmen.
für mich gibt es viel zu tun hier. die pflanzenarten habe ich notiert und fotografiert. die vielzahl überrascht mich. ich turne durch die anlage zwischen den hohen, mich längst überwuchernden gewächsen hindurch. der duft und geruch der heute nassen umgebung betören mich.
teilweise urwaldähnliche bedingungen. knorrige baumteile grüssen mich, ich sage hallo und freue mich. das ist offensichtlich – eine frau sagt zu mir, sie strahlen aber, sie sehen so glücklich aus. das bin ich auch in den momenten, wo mich natur umgibt und mich reichlich beschenkt mit immer neuen erkenntnissen.
die gestapelten steine, die erdanhäufungen, die querliegende bank, das alles reizt mich, meinen gestalterischen blick einzusetzen, aus den an- und zuordnungen durch mein schauen ein neues bild entstehen zu lassen.
auch die wasserpfützen mit entengrütze haben meine aufmerksamkeit. die sonne spiegelt sich in ihnen, bringt licht ins bild.
zwischen all dem kraxle ich herum und ich fühle mich in meine kindheit versetzt, wo wir auf einem dorf evakuiert waren und ich die grosse freiheit meines lebens erlebte – in angrenzenden wiesen und feldern im matsch zu suhlen – da zogen wir vorsichtshalber die schuhe aus, in tiefen bächen beim schwimmenlernen fast ertrunken – niemand gab uns anweisungen od. hilfestellungen.
auch hier gibt niemand anweisungen, wenn frau sich nicht ganz daneben benimmt, wie ich es einmal tat und der bienenfrau zu nahe rückte, um gute fotos zu machen…
hier 100 tage beobachten zu können, wie aus dem nichts kleine pflanzen und aus den kleinen pflanzen grosse werden und ich denke, dass ich auch das welken und sterben miterleben werde, denn das gelände ist ja nach der d13 noch zugängig, ist spannend.
die prozesse hier gehen ohne jegliche choreografie. die natur hat ihre eigenen gesetze, ihre eigene ästhetik. das gesetz heisst verwandlung in immer neue daseinformen. eine pflanze vermehrt sich, wird wieder pflanze, bis sie es einmal nicht mehr wird, bis der übergang für uns nicht mehr nachvollziehbar ist und sie aus dem kreislauf doch nicht herausfällt.
Liebe Rosadora,
Du hast ein schönes und spannendes Blog, wie ich finde! Ich musste allerdings erst mal die Kompostierungsanlage googeln. Deine Fotos sind wirklich schön, und vor allem die Hunde haben es mir angetan.
Ich komm bald wieder vorbei.
Liebe Grüße von Dori