ADRIÁN VILLAR ROJAS
return the world
die natur in vollem wachstum und adrián villar rojas zerbrechliche und auf vergänglichkeit angelegte figurenwelt geben einen starken kontrast – das kommen und das gehen. es existiert nebeneinander. während uns das kommende begrüsst, verabschiedet sich das gehende. das ist ein zwiespalt, den ich kaum aushalten kann, oder ist es trost, dass das was kommt auch wieder vergeht.
EIN STEINMÄNDLI – schweizer wanderwegverzierer
ich entdecke zuerst die kleineren figuren im gras, festgezurrt, als könnten sie sonst entlaufen, umgeben von sommerblumen. sie sollen meine aufmerksamkeit haben, ebenso wie die grossen gestalten. die stehlen ihnen die schau, für einen moment drehe ich den spiess um. sie sind die wegweiser und vorbereiter, sie sind aus dem gleichen stoff gemacht, holz, stein und zement, mit ungebranntem ton überzogen.
dann trete ich in den kreis, oder durch den kreis, es öffnen sich fenster, ich sehe alles in einem bestimmten rahmen, zwei habe ich zur auswahl.
ein hohler knochen liegt im weg, gross, porös. ich muss mich bücken, wenn ich durch das knochenrohrguckloch schauen will. es rundet die dinge ab, die ich sehen kann.
dann springt mir eine abgemerkelte, noch im sprung begriffene, ballerina, nein, nicht in die arme, aber ins blickfeld. ein hundetier klammert an ihr. während die ballerina sich windet und klagt, ist das tier ganz ruhig.
der typ mit den staksebeinchen hockt und sinnt wohl, vielleicht, wie er dem ganzen abhilfe schaffen kann, wie er selbst entkommen kann.
das elend hört nicht auf. der am bodenliegende hat züge eines gefallenen soldaten. gerade wollte er noch die schuhe wechseln, oder gehören die zu der ihm naheliegenden frau, da hat es ihn erwischt, die kanone, die zeit, das leben. das konnte er sich wohl selbst noch an seinen drei fingern abzählen…
das rad der zeit dreht sich und nagt an allem.
dass neues leben aus einem ei entspringt könnte man meinen. noch kann ich überlegen, ob der säugling schläft oder ruhig eingeschlafen ist, wie man sagt, wenn eine/r aus dem leben geht.
das häuschen der babajaga – mit etwas fantasie. ohne die wäre ich hier aufgeworfen. keiner kanns erklären, nicht was es soll und nicht was es tut.
nun spring, spring durch den kreis, tauch ein und finde wieder zurück.
das schwein erwähnen alle, wie es säugt am busen der frau, als wäre das so abwegig.
ich beschrieb sie schon in einem früheren artikel als kirke oder circe, die die männer in schweine verwandelt hat für ein ganzes jahr…
auch an ihr nagt schon der regen und die zeit.
dann beginnt etwas ganz anderes. aufgeregtes glockengeläut – gesang, abschied oder alarm…
es ist ein magischer ort, voller bilder und symbole. sie haben einen vielsagenden ort in der riesigen säulenpassage, die oberhalb eine strasse zum seniorenheim führt, unterhalb des sepulkralmuseums, das von tod spricht und von sterben und dem ganzen eine deutliche zuschrift gibt.
die grafitti an der hinteren wand geben dem blick eine richtung und dem ganzen eine wendung in eine moderne zeit.
alte grabsteine liegen herum, die noch gar nicht so alt sind, und die glocken scheinen ein erwecken einzuläuten.
zwei junge menschen am ende und neben dem gang scheinen entkommen zu wollen mit einem boot. geradezu durch die grüne wiese ins blaue hinein und ins ungewisse scheint der junge mann noch zu zögern und oder hat er etwas ganz anderes im sinne und könnte er so die menschheit retten, und und und…
ich gehe die terassen wieder hinunter und schaue nun von oben herab und so ganz anders…
Liebe Rosadora,
ich schaue öfter in dein Tagebuch, es gefällt mir. Heute finde ich es aber besonders inspirierend – den Weinberg habe ich bisher noch nicht erwandert, werde es schnellstens nachholen.
Danke + viele Grüße
Marlis