in der KÜNSTLER-NEKROPOLE KASSEL
wurde heute das GRABMAHL von GUNTER DEMNIG eingeweiht und der öffentlichkeit übergeben.
CIRCUITUS
bedeutet u. a. kreislauf. die skulptur ist in anlehnung einer wasserpumpe gedacht, die in dem lebensspendenden wasser die vorstellung von leben und vergehen birgt.
in der künstler-nekropole harry kramers sind es somit 9 grabmale, die von den künstlerinnen und künstlern selbst gestaltet wurden. nach ihrem tod wird ihre asche dem jeweiligen mal beigegeben.
die künstlerinnen und künstler setzen sich damit bewusst mit ihrem eigenen tod auseinander.
im künstlerischen gestalten des eigenen grabmals beginnt eine annäherung an das thema tod.
bis sie gedankliche und seelische dimensionen erreicht, muss eine ungeheure öffnung geschehen für das, was uns bis zuletzt verborgen bleibt.
die grabmalkunst, die mit ende des 17. jahrhunderts zuende ging, gewinnt hier in der nekropole harry kramers seine künstlerische bedeutung wieder. die individuelle gestaltung des eigenen grabmals ist nicht nur die wiederbelebung der grabkultur, sondern die kultur eines volkes erlangt eine wertschätzung in der beschäftigung mit dem tod.
gunter demnig hat eine skulptur geschaffen von ungeheurer klarheit.
dass sie am ufer des blauen sees ihren ort hat, stellt eine symbolische verbindung zwischen stele und wasser her. der platz ist mit grosser besonnenheit gewählt – das wasser in seiner tiefe – die bäume, die bis in den himmel reichen – verbundenheit zwischen profanem und transzendenz.
zu den die skulptur umgebenden pflastersteinen sehe ich die parallele zu gunter demnigs projekt
STOLPERSTEINE. seit 2000 verlegt er steine vor häusern, in denen vom naziregime verfolgte und ermordete menschen gewohnt haben. er gibt ihnen ihre namen wieder und trägt damit zum nichtvergessen bei.
hier in der nekropole sind die steine wieder namenlos, wechseln die ins bewusstsein gerufenen auf eine ebene, gehen ein in die grosse weltenseele, aus der wir kommen.
alles bewegt sich, alles schwingt mit – es ist tod im leben – es ist leben im tod.
ergänzende erklärung von gunter demnig:
Liebe rosadora;— das mit der Wasserpumpe stimmt so denn doch nicht;— das Prinzip geht zurück auf die Zeitmessung
der Völker vor der Erfindung und Berechnung der Sonnenuhr von den Griechen. Wassersysteme wurden auch zur Zeitmessung eingesetzt.
In meinem Fall ist diese Arbeit allerdings in gewissem Sinne doch statisch; sie bleibt unbeweglich im höchsten Stand während meiner Lebenszeit; wenn die Urne drin ist, wird der sog. Schwimmer abgesenkt und schaut dann nur noch
ca. 12cm über die ‚Wanne‘ hinaus. Die Zeitmessung ist symbolisch gemeint. Es ist allerdings das Prinzip einer EinlaufWasserUhr.
zu GUNTER DEMNIG
www.stolpersteine.com/
Das letzte Foto ist stark *g*
Solche Kunst gefällt mir.
Hab einen schönen 2. Advent und liebe Grüße
Marianne ♥
Eine wunderbare ART, sich dem Tod zu stellen!
Danke für den feinen Bericht. Den Künstler mit der Stolperstein-Idee bewundere ich sehr. Und seine Stele ist einfach genial!
Liebe Sonntagmorgengrüsse,
Brigitte
Eine wunderbare letzte „Adresse“!
ich habe großen respekt vor gunter demnig und seinen stolpersteinen. vor ca. einem jahr hörte ich ein langes interview mit ihm, das mich ihm näher brachte. nun also dieses grabmal. ja, es gefällt mir, auch wenn es nicht gerade „bescheiden“ ist. dies ist allerdings so ganz und gar meins. mir ist immer noch die idee asche in den wind am nächsten. mag sein, dass es durch meine besondere beziehung zum wind an sich herrührt.
mein mann, der ein holz-wlad-gartenmensch ist möchte eine schlichte bretterkiste und die am liebsten unter einen baum. wie im leben, so im tod?
ich bevorzuge asche unter baum
wir ziehen rückschlüsse über die vergangenheit aus den bestattungsformen
was wird in weiter zukunft über uns gedacht werden
und ingrid p war auch da :)))
lg birgit
Ich finde die Gedanken zu der Symbolik der Pflastersteine sehr interessant.
LG Kerstin