es gehört viel mut dazu zu schreiben.
zu schreiben, wenn es eigentlich gar nicht schreiben will.
es schreibt, oder es schreibt nicht.
dieses ES, es macht mir klar, wie abhängig ich von ihm bin, wie ich ohne dieses ES den ton nicht treffen kann.
ich kann schreiben, aber es ist wie eine mahlzeit, die ich nicht essen will.
ich zwinge mich.
muss mich zwingen, wenn ich sagen will, ich schreibe.
etwas in mir ist dann nicht mit im spiel.
etwas im text ist so, als würde die tiefe echtheit fehlen.
so aufgesetzt, fällt er leicht in sich zusammen.
lacht mich hämisch an, ach so siehst du das.
es sind zwei, die im clinch liegen, das ES und das ICH.
das eine weiss das andere nicht so recht einzuschätzen.
hörten sie sich gegenseitig einmal zu, kämen sie auf die unterschiedlichkeiten, die sie bei gutem willen tolerieren könnten.
aber da sie sich nicht zuhören, kennen sie einander nicht wirklich.
an einem frühlingsabend, da waren sie beide so besoffen vom linden lüftchen, das sie rüttelte, dass sie zueinander purzelten und gemeinsam riefen: na klar, ja, so.
wie denn anders.
das sehe ich genauso.
sie fielen sich um ihre buchstäblichen hälse und schleuderten die tanzbeine in der luft herum.
die stimmung war locker und das ICH und das ES ebenso.
sie rieben sich aneinander und erzeugten beschwingte tanzweisen.
eine ganze weile ging das so.
beide glaubten, sich geeinigt zu haben und sahen schon einer hoffnungsvolleren gemeinsamen zukunft entgegen.
aber das blasierte ICH, verfiel da schon wieder der grübelei und bedenken trafen es mitten im tanzen.
das ES, mit seiner grossen fähigkeit zu merken, gab dem ICH in grosser enttäuschung einen solchen stoss, dass es den abhang hinunter kullerte.
scher dich zum teufel, mach dass du wegkommst, du arroganter schnösel.
das ES wälzte sich im wiesengrün, trampelte den ganzen lerchensporn nieder und flöste sich eine pulle vergissdiewelt ein. es hörte das ICH gar nicht mehr stönen.
das lag platt darnieder und grollte seinem säuferchen, das es so umgehauen, eingelullt und ausserkopf gebracht hatte.
in dieser nacht wurde kein wörtchen mehr geschrieben.
sie schrieben auch weiterhin und bekämpften sich auf die übelste weise.
das ES verliess sich deutlicher auf seinen bauch und das ICH musste sich damit herumschlagen, dass es zwischen den zeilen die flöhe husten hörte.
als SIE mit ins spiel kam, machten das ES und das ICH eine grosse verbeugung und nahmen sich zusammen wie kleine schulkinder.
SIE war nicht immer gewillt in erscheinung zu treten, und so ging das alte lied wieder los.
es gehört mut dazu zu schreiben…
aus:
IM WORTHAUS WOHNEN (erscheint demnächst)
rosadora g. trümper tuschick
sich einlassen auf schreiben wie auch auf lesen ist eine art mut,
lg
Karl
du siehst es richtig, karl,
danke und einen schönen tag
rosadora
Das ist ja herrlich, dieses Ränkespiel zwischen den sprachlichen KontrahentInnen! Schreiben ist ja so spannend!
Liebe Grüsse,
Brigitte
wie gut Du den inneren Kampf beschrieben hast, liebe Rosadora – herrlich!
Ich gehe ökonomisch vor – läuft das Schreiben nicht, muss ich jedes Wort zusammenklauben, höre ich auf und beschäftige mich mit etwas anderem.
Manchmal – nach Wochen – finde ich die Anfänge des Geschriebenen und bin erstaunt, dass die „Beiden“ es willig zulassen, dass Sie schreibt – und schreibt – und schreibt ;-)
LG
Barbara
hier hast du einen wunderbaren WIR-text geschaffen.
lg
ingrid
danke, brigitte, barbara und ingrid,
dass uns der mut niemals verlässt
schöne abendgrüsse
rosadora
Gut verstehe ich das alles!
Sehr gut.
Seit einiger Zeit stehen bei mir auch noch Lyrik und Prosa in Konkurrenz.
Ein Gedicht zu schreiben, strengt mich manchmal ganz fürchterlich an, macht mich wütend oder -schlimmer- traurig.
Eine kleine Geschichte zu schreiben ist irgendwie emotionsloser, nicht so aufregend und in jedem Fall spannender.
Na ja, also im Moment geht es mir so.
Gruß Jorge D.R.