‚… moderndes Laub. Es ist kein Geheimnis ich zerfalle zu Staub’.
jeder see birgt sein geheimniss. in der dunklen jahreszeit scheint es besonders tief. ein see ist wie der spiegel unserer seele. heute will ich hinein in den see, um seelentiefe zu erlangen, um erfahrungen auszutauschen, um wieder einen schritt näher zu mir hin zu machen.
dann reicht es nur zu einem fussbad… das kribbeln erfrischt, das kalte macht munter, meine füsse wundern sich über meine freche entscheidung, die ich ihnen antue, nein, eher zugute kommen lasse.
der asch liegt im bergpark – ganz verborgen. nicht jede würde auf dieser höhe einen see vermuten. von der mulang bewegen wir uns herumschauend und fotografierend auf die löwenburg zu.
an der weggabelung entscheiden wir uns nach links und für den ansteigenden weg. die gedämpften und matten, aber auch zum teil kräftigen brauntöne lösen meine begeisterung aus. zurückschauen leuchtet das satteste frühlingsrasengrün dazwischen auf. man kennt es, aber es ist in diesem jahr doch so ganz anders. schon die milde schmeichelluft ist mehr als ungewöhnlich für ende november. man kann es gar nicht fassen und die seh- und geruchsnerven werden über die massen hellwach. ich schnüffele herum, damit mir zwischen modergeruch und grasgründuft ja nichts durcheinander gerät in meiner wahrnehmung. irritierend dieser zustand.
‚schau mal diese farben’, ‚schau mal – schau mal…’ marlis kriegt sich gar nicht wieder ein. ‚und hier, die pilze…’ ich kann mich nicht erinnern, eine so reiche sortenvielfalt an pilzen zu sehen bekommen zu haben und das in dieser jahreszeit. sie sind eines der anpassungsfähigsten wesen und uralt dazu. was könnten wir von ihnen lernen?
marlis berührt staunend, und wie mir scheint ehrfürchtig, die rinde eines baumes.
sie bewundert die furchen und rilligen strukturen. lassen und zulassen geht es mir durch den kopf, könnten wir alles tamtam um uns herum lassen und unsere altersspuren so gut ertragen wie die bäume.
ach, wäre ich ein baum. nein, nicht baum möchte ich sein. mensch unter menschen, gedanken austauschen und vielleicht erfahrungen, mich freuen mit ihnen, vielleicht auch mal weinen und mit der energie der bäume mein leben weiterleben, den herbst von ihnen lernen und das sterben – ohne klagen…
jedes blatt ein mensch – geht es mir durch den kopf. Den blättern an farbigkeit und vielfalt keineswegs unterlegen.
Jedes hat seinen platz gefunden. die vergänglichkeit und ein aufgehobensein in der ewigkeit – spiegel für den weg alles lebendigen.
Ich kann mich nicht zurückhalten – ich schicke einen langen lauten schrei in den wald, um mich danach ganz und gar mit frischer luft durchdringen zu lassen. Ich bekomme ein echo – zuerst eine männerstimme, dann helle hohe kinderstimmen, die wie befreit dem ruf antworten, wieder und immer wieder. Kinder dürfen aus vollem herzen schreien, einfach so – ohne absicht. wenn wir das doch auch noch könnten…
Die zaghafte sonne hat sich ganz zurückgezogen. Es wird kühler. Noch einen blick zum see, dem grossen spiegelbild der welt. Wir fallen uns um den hals und tanzen und freuen uns, einen soooo schönen tag gehabt zu haben.
Rosadora, wieder einmal lässt Du uns teilhaben an Deinen Gedanken, an Deiner so intensiven Wahrnehmung, am anders Gucken, am neugierig sein. Ich gehe ein bisschen mit durch den Park, fast rieche ich den Herbst auch, vielleicht aber nur, weil ich weiss, dass er schon da ist. Danke.