denken heisst lieben,
mich befassen mit der welt, den menschen und den dingen. sie in mich hereinholen, zu einem teil von mir selbst werden lassen; mich in sie einfühlen, um zu verstehen, sie zu studieren, um von ihnen zu wissen. wenn ich von den menschen und den dingen etwas weiss, brauche ich nicht zu vermuten, wenn ich verstehe, brauche ich nicht zu verurteilen. es ist eine menschenpflicht, sich zu öffnen für das, was ist, für das, was geschieht, sich gedanken zu machen, die eine verbindung, eine verknüpfung zu den menschen und den dingen herstellt. wir sagen so gern: alles ist mit allem verbunden – alles ist eins. diese allumfassende vereinnahmung verpflichtet auch. wo ich zugehörig bin, habe ich auch eine verpflichtung.
wer nicht denkt, weiss auch nichts. die folgerung wäre, wie marie freifrau von ebner-eschenbach sagt: ‚wer nichts weiss, muss alles glauben‘. alles glauben heisst, sich ausliefern – alles wird entschieden. und dabei denkt man zuerst an eine göttliche führung und fügung. für dinge und geschehnisse, die uns entglitten sind, machen wir einen anderen verantwortlich. es ist leicht, einem anderen die verantwortung zu übertragen. ‚in deine hand lege ich meinen frieden‘. in welche hand? in die hand gottes? als aufgeklärte menschen, die wir – doch zum grossen teil – sind, und um wahrheit bemüht, müssten wir dem, dass gott eine metapher ist, ins auge sehen. auch unser handeln können wir dann nicht mehr übereignen, sondern wir selbst müssten gerade dafür stehen. wir selbst sind es, die die dinge vermasseln, wir selbst zetteln kriege an. katastrophen unterliegen einem ganz anderen gesetz, die wir zum grossen teil erklären können. wir müssen denken, wenn wir die welt und die menschen lieben. dieses liebende hindenken ist das, was wir den göttlichen funken nennen. in uns liegt er verborgen. es ist eine grosse anstrengung, ihn zu aktivieren. wenn wir die menschen und die welt liebend betrachten, dann ist gott in uns geboren. und da, und nur da, ist er zu finden. diesen göttlichen funken kann ich versprühen. meinem denken und fühlen gilt er als grundlage. wissen ist macht, in ihm ist das göttliche enthalten – wo sie missbraucht wird, fehlt jedes göttliche empfinden, fehlt jegliche verantwortung. wo sie missbraucht wird, zerstört sie dieses eine, dem wir alle angehören.