oder männersprache bei frauen
da ist es wieder: ich bekomme eine brief (von einer frau) und mein name ist nur unzulänglich geschrieben. der doppelname ist auf die häfte gekürzt und mein zweiter vorname, der mit einem g. aufgeführt wird, ist ganz weggefallen. das ist ärgerlich, und ich weiss nicht, ob ich den inhalt noch mit freude lesen kann…
viele frauen scheinen kein interesse zu haben, unsere sprache von patriarchaler ausdrucksweise, in der frauen herabgewürdigt werden, zu verändern. sogar auf studierte und proffesorinnen, schriftstellerinnen, die sich mit sprache beschäftigen, trifft diese annahme zu.
so sagte iris radisch bei der diesjährigen ingeborg-bachmann-preisverleihung in ihrer abschlussrede über die ‚juroren’ (es waren natürlich auch jurorinnen vertreten): ‚…wir waren eine tolle mannschaft’.
wie können frauen eine mannschaft sein, noch weiter, wie können literaturkritikerinnen eine mannschaft bilden. der ausdruck gehört ins sportliche genre. eine fussball-mannschaft (und wie ist das bei den fussballerinnen?). naja, da ist viel arbeit.
eine frau, die in ulm zur general-ärztin gewählt wurde, sagt bei dem, wie sie denn angeredet werden möchte: ‚frau general-arzt’. hör eine genau hin! nicht zu glauben!! general ist schon nicht richtig. sie ist wohl doch generälin und schon gar nicht arzt, sondern ärztin. über ihr ansinnen, in der armee karriere zu machen, es den männern gleich zu tun, will ich mich erst gar nicht auslassen.
sissi perlinger (kabarettistin und schauspielerin) sagt: ‚…archetyp künstler, welcher ich bin…’ verdammt nochmal. wieso kann diese intelligente frau nicht sagen, ich bin künstlerin. vom künstler als archetypen (c.g. jung) ganz zu schweigen.
die ärztin, die von sich sagt, dass sie ‚arzt’ ist, und im fs von der, die vor ihr steht spricht als ‚…der patient fühlt sich…’ sie fühlt sich nicht, die patientin nicht, und wie erst soll ich mich dabei fühlen und ihr auch nur ein wort glauben…
frau s. ruft im cafè nach dem ‚fräulein, zahlen…’ ich bitte sie, das fräulein ist längst abgeschafft. sie würde doch auch nicht nach dem herrlein rufen… also!
in der schweiz begegnet ich dem fräulein noch sehr häufig. es ist dann, darauf angesprochen, jedesmal nicht so gemeint. aber wie denn dann?
Und erst es mutti!! ‚es mutti kommt auch mit…’. sie ist doch kein gegenstand, die mutter!! Zapperlot.
ich habe das gefühl, hier ticken die uhren sowieso anders. die frauenemanzipation ist in vielem noch 100 jahre rückständig.
die bezeichnung für den mann wird stellvertretend für das ganze geschlecht, frauen und männer, verwendet. wir haben
den zuschauer
den künstler
den wissenschaftler
den politiker
den nobelpreisträge
ich gehe
zum bäcker
zum fleischer
zum frisör
zum arzt
obwohl es die jeweilige weibliche (was um himmelswillen ist denn ‚weiblich’…) form in der sprache vorhanden ist. zuschauerin, künstlerin, wissenschaftlerin, politikerin, nobelpreisträgerin, bäckerin, fleischerin, frisörin, ärztin. na, also… sprechen wir doch auch davon…
um selbst nicht diesen patriarchalen sprechformen zu verfallen, können wir uns nur sensibilisieren und genauer hinhören – auch auf das, was wir selbst sprechen. sprache manifestiert sich schon sehr früh, beim sprechenlernen. so sind wir erst einmal unserer umwelt ausgeliefert. bevor uns die demütigungen und herabstufung und verletzungen durch sprache auffallen, sind wir schon einigermassen dabei, unser bewusstsein zu schärfen, unser frauenbewusstsein wohlbemerkt. es geht schrittchenweise, aber haben wir doch auch den mut, uns, von frau zu frau,gegenseitig aufmerksam zu machen in dem wissen, dass frau frau auf die sprünge helfen will.
dass sprachveränderungen langen prozessen unterliegen, sehen wir an der neuen rechtschreibung, die auch nicht so recht in die gänge kommen will.
geduld also, aber auch mut zu verändern.
bücher zum thema:
FRAUENSPRACHE:
SPRACHE DER VERÄNDERUNG
SENTA TRÖMEL-PLÖTZ
bei fischer
GEWALT DURCH SPRACHE
DIE VERGEWALTIGUNG VON FRAUEN IN GESPRÄCHEN
SENTA TRÖMEL PLÖTZ
bei fischer
DAS DEUTSCHE ALS MÄNNERSPRACHE
LUISE F. PUSCH
bei suhrkamp
Liebe Rosadora, diese wunderbare homepage habe ich erst jetzt im internet entdeckt. Gefreut habe ich mich besonders über den artikel `stolperstein sprache oder männersprache bei frauen` und die buchhinweise zu Luise F. Pusch und Senta Trömel-Plötz. Diese bücher zu lesen – kann ich jeder frau nur empfehlen. Ja, wir brauchen für unser frauenbewusstsein mut zu sprachveränderungen. Luise f. Pusch und Senta Trömel-Plötz haben diesen mut bewiesen und viel häme seitens des patriarchats einstecken müssen bis heute. Ihnen haben wir diese veränderungen zu unseren gunsten zu verdanken.
Herzliche grüsse von Anne