männersprache – verletzende
‚ich denke an die siebenundvierzigjährige (ingeborg bachmann) wie an ein mädchen,’ sagte heinrich böll in seinem nachruf und meinte es wohl anders als ich es verstehe. ingeborg bachmann war eine f r a u – , kein ‚mädchen’ und kein ‚fräuleinwunder’, wie sie an anderer stelle bezeichnet wurde.
und böll war sich keiner schuld bewusst, denn an anderer stelle fragte er, ‚war i.b. nicht gefangen in dem bild, das andere sich und andere aus ihr gemacht haben?’ ist das etwa kein ‚bild’, das er sich von ihr machte, ‚mädchen’, wo es nicht im geringsten ihrer person als frau entspricht.
woran messen männer frauen? sie müssen ‚klein und puppig’ sein und bleiben – bis über den tod hinaus. gelingt es einer frau, sich wissen anzueignen, muss sie es für die männer doch irgenwie bleiben – klein. du musst ihnen zuhören, zwischen den zeilen kannst du es lesen, die verletzungen sind in den umarmungen versteckt. Lass dich nicht täuschen.
‚dass in der ikonisierung einer lebenden person eine schrittweise tötung versteckt sein kann, müsste gerade an ihr deutlich werden’, schreibt er noch scheinheilig, und meint auch hier ingeborg bachmann.
ja, die kleinen tote, an denen frauen sterben – allzuoft – für die männer nicht nachvollziehbar, aber deshalb nicht entschuldbar.
ich heisse nicht gitti – ich bin brigitte.
das habe ich doch nicht böse gemeint.
wenn du wüsstest, wie sehr mich das kränkt.
das kennen wir doch alle. sie meinen es nicht so, weil es ihnen nicht bewusst ist. sie haben sich immer sprachlich auf dieser ebene bewergt und nun kommt eine und ist beleidigt. stell dich nicht so an. was hast du denn bloss.
sie wollen sich auch noch rechtfertigen. fragen nie nach, was kränkt dich daran denn so sehr. wollen sich nie entschuldigen dafür, was sie angerichtet haben. und noch weniger bringen sie es fertig, ihren sprach’schatz’ zu verbessern in richtung frauenfreundlichkeit. ein mann, der sich bei einer frau entschuldigt – ich bitte dich. das tut der nur, wenn er einen vorteil haben könnte, etwa dass du ja in deinen dienstleistungen nicht nachlässt. Bist du noch so eine – ich mein, dienstleistungen und so…
nimm dein bündel und geh
nirgends wirst du nicht getreten
wenigstens
nirgends gehört die welt dir
mindestens
nirgends hast du eine neue chance
jederzeit
nirgends ist besser
als ein dach überm kopf
wo man dich mausi nennt
nirgends
beginnt die zeit für dich
lyrik
rosadora g. trümper tuschick
NACHTRAG
von roland knie
zum 80. geburtstag ingeborg bachmanns
Auch ein Star der Medien
Die Blitzlichter und Lebensanekdoten, die Liebhaber und die mehreren Herren Entdecker, die das Bild der Dichterin nach wie vor verdunkeln, mögen ja zur Erinnerung daran taugen, dass Ingeborg Bachmann auch ein Star der Medien war, dass sie als eine irgendwie verruchte lyrische Diva gehandelt wurde. Sie verhindern aber auch, bis zum heutigen Tag, die Ernstnahme einer bedeutenden Intellektuellen und Dichterin als eigenständige (und: weibliche!) Persönlichkeit.
Bachmann hat – in „Malina“ – den Einblickswahn einer ignoranten Interviewgesellschaft sogar parodiert; geholfen hat es nicht viel: Im Grunde hält man die Radikalität ihres Denkens und Dichtens für den Ausfluss einer Persönlichkeitsstörung eines ansonsten hoch begabten Klagenfurter Mädels, um das es, wie man so sagt, wirklich schad‘ ist, wo sie doch sogar ein Philosophiedoktorat hatte.
Weiter schreibt er
Die Dichterin Ingeborg Bachmann ist jetzt 80, seit 33 Jahren tot und wäre überhaupt groß genug, um bei Veröffentlichungen nicht ständig mit ihrem Werk verwechselt zu werden.