aus dem schatten geschält dein gesicht, nicht gemeisselt, nicht geformt – geschält. dabei die vorsicht walten lassen, nicht zu viel heraus zu schälen -keine schicht zu viel, keine zu wenig. dein gesicht sehen, so wie es ist. die schälung kommt einer häutung gleich. die häutung ist ein innerer, selbstgewählter vorgang, während die schälung durch ausseneinwirkung passieren muss – muss, damit du heraus kommst. und du willst doch herauskommen. oder will ich, dass du heraus kommst. gibt es da einen unterschied? im einen fall würdest du dich sehen wollen, im anderen ich. ich
möchte dich sehen, dein gesicht möchte ich sehen, damit ich dich erkennen kann, damit ich weiss, welche du bist.
jede häutung, jede schälung ist mit einem kraftaufwand unter grösster vorsicht nur zu machen. jede schälung mit schmerz verbunden, dem schmerz des herauslösens und dem schmerz des lsolassens. keine innere verkrampfung, die sich dagegen stemmt. keine äussere hast, um den vorgang zu beschläunigen. die schmerzen wären unaushaltbar. sie zögen verletzungen nach sich. das gesicht bliebe für immer entstellt. ein gesicht des widerstandes.
ich erinnere dein gesicht und hoffe, es nicht zu sehr verändert, bevor es sich mit schatten belegte, bevor es in ihm versank bis zur unkenntlichkeit. zuletzt war es ein schatten seiner selbst.
ich hoffe auf wiedererkennen, ich hoffe auch auf die vergänglichkeit der schatten. sie haben ja die möglichkeit, sich allerorts zu auszuwickeln. der lauf der zeit schreibt das vor. schreibt vor, dass sie sich nicht an einem ort manifestieren. schatten müssen beweglich sein und bleiben. ihr wesen ist das der veränderbarkeit. selbst die dunkelsten müssen einmal ausbleichen, sich ins nichts verflüchtigen. sie müssen den menschen nicht schon immer vorweg laufen. der schritt der entmutigung würde sich verzehnfachen, ja verhundertfachen. letztlich würde niemand mehr einen schritt nach vorn wagen. eine riege der rückwärtslaufenden würde entstehen. rückwärtslaufen – das würde bedeuten, alles geschaffene umzustossen, hinein zu fallen und gar ganz zu verschwinden.
die gefahr, dass die vorwärtsläufer zu schnell laufen und den schatten überrennen, ist ebenfalls gegeben – blind wie sie sind und aufstrebend – immer nach vorn. die gefahr ist in jedem fall vorhanden – im vorwärts-, wie im rückwärtslaufen. der abgrund wartet.
mögen die schatten sich bemühen, in die balance zu kommen durch ihre gute und sinnvolle verteilung, vor- und rückwärtsbewegungen. die ausgleichende menge ihres vorhandenseins könnte die menschen zum nachdenken anhalten. gerechtes und gleichmässiges verteilen würde den absturz verzögern.
die letzte schicht noch – dein gesicht ist mir heilig. lass dich sehen. winde dich aus den schatten heraus und sei wieder unter uns. eine von uns. göttin.