rosadora
DER JUNGE MORGEN…
‚da warf sich der ganze junge morgen ans haus, schmiss sich mit unglaublicher überzeugungskraft zwischen hauptstrassen, kantonstrassen, neben-strassen, quartierstrassen, überflutete die stadt mit toller wucht, rollte wonne aus, warf wolllüstige wellen, kraulte lichtkringel, lichtspiralen, liess reine verliebtheit durchblicken, setzte der stadt eine goldene, funkenbesetzte krone auf.’
du musst es auf einen atem nehmen und lesen, als wärest du selber der ‚junge morgen’, damit dir die luft ausbleibt, damit dir die vorstellung des werfens und schmeissens und überflutens wie aus der puste gekommen gelingt.
der schweizer peter weber, für sein werk ‚der wettermachen’ bewundert und gerühmt, reizt mich immer wieder, aus seinem buch heraus laut zu lesen, damit es schwingt und klingt und mich in den tag laufen lässt. etwas von seinem schwung, seiner wortakrobatik, seinen begeis-ternden, irritierenden und fantastischen bildern in mich hineinnehmen, damit der tag abgeschliffen wird, sich nicht wälzt, sondern hüpft – so angespornt und auch in freude. durchkreuzt von den ‚komischen vögeln’, ertappt in seinen trägen daseinsformen, verhüllt in nicht zu überhörende, nicht zu erklärende larmoyanz.
heute gelingt das nicht ohne weiteres. der nicht mehr ganz junge morgen ist noch immer nicht ausgewickelt aus seinem nebeltuch, diesem fetzen aus bleierner schwere und depression. es wickelt alles ein, nicht nur landschaft und häuser. die menschen in ihren guten vorhaben. sie gelingen ihnen schwer, werden zunichte gemacht. die sonne hat nichts anspringendes, stichelt nur kleine löcher in das gewebe, die sich wie selbstverständlich wieder zusammenziehen.
vielleicht rollt der tag noch zu mir hin in seiner nackten form, kann er den nebelfetzen noch durchtrennen, sich hindurchzwingen und mir sagen, was er von mir will und ich von ihm. verliebtheit…
rosadora
Lesen und staunen …