HILDE DOMIN…
lege den finger auf den mund
rufe nicht
bleibe stehen
am wegrand
vielleicht solltest du dich hinlegen
in den staub
dann siehst du in den himmel
und bist eins mit der strasse
und wer sich umdreht nach dir
kann gehen
als lasse er niemand zurück
es geht sich leichter fort
wenn du liegst als wenn du stehst
wenn du schweigst als wenn du rufst
sieh die wolken ziehn
sei bescheiden
halte nichts fest
sie lösen sich auf
auch du bist sehr leicht
auch du wirst nicht dauern
es lohnt sich nicht angst zu haben
vor verlassenheit
wenn schon der wind steigt
der die wolke verweht
die angst nach verlassenheit ist etwas, das uns ständig begleitet. es ist nicht leicht,
diese angst aus der palette der gefühle zu streichen.
vielleicht, ja vielleicht löst sie sich auf in anbetracht dessen, dass ‚schon der wind steigt’, vielleicht noch gepaart mit der sehnsucht, wie eine wolke zu verwehn.
sich so klein zu machen, sich so flach an den boden anzuschmiegen, dass jemand gehen kann, so als lasse er niemand zurück – das ist ein schönes bild. es liegt auch eine weisheit darin. aber wir wollen ja immer, dass wir nicht vergessen werden, dass etwas von uns bleibt.
Mir weht der wind schon manchmal um den kopf, aber zu registrieren, wann er ‚steigt’, das ist ein weiteres.
im zen gibt es einen spruch
WENN DU ETWAS GUT MACHST
HINTERLÄSST DU KEINE SPUR
auf unser leben angewendet gibt mir das eine ungeheure erleichterung.
alle anstrengungen, bedeutung zu erlangen, fallen da weg. ich kann tun, was ich tue, nur um es zu tun.
lange gespräche könnten sich anschliessen – vielleicht ergeben sie sich ja – vielleicht im allee cafè…
rosadora
älterer beitrag – er ist mir heute vor die füsse gefallen – irgendwie passend