sicher sind klage und trauer nicht dasselbe.
vielleicht gilt auch zu unterscheiden, dass es so etwas wie eine tradition gibt (klageweiber), in der man lebt und eine persönliche ebene, die auch wichtig ist. jemand der / eine die in der tradition lebt und mit ihr, wird diese vielleicht nicht hinterfragen, um etwas eigenes herauszufinden. tradition kann bequem sein oder lästig, jenachdem. ein trauerjahr – trauerkleider. die lebenden tun es für sich, die toten erfahren es selbst nicht mehr.
klage ist vielleicht eine sache des temperaments, also eher in südlichen, wärmeren ländern anzutreffen. wir kennen diese tradition – so viel ich weiss – nicht. wir stellen, oder stellten – so um die jahrhundertwende – figuren auf, die die toten ‚begleiten‘, ‚bewachen‘ in ’stummer klage‘. trauerfrauen nenne ich sie. vielleicht auch ist es eher eine sache des prestige, als ein wissen, warum. heute stehen nüchterne steine mit sparsamen aufschriften auf den gräbern. ein schriftsteller sagte einmal, man erkennt die kultur eines volkes an ihren friedhöfen. in der tat sagen friedhöfe viel aus. und man kann die jeweilige einstellung der menschen zu ihren toten, zum tod, sehr gut ablesen.
der umgang mit dem tod ist so verschieden wie die jeweilige kultur.
-die inder sehen den tod als eine erlösung.
-die alten ägypter gaben so viel hausrat und oft den ganzen hofstaat mit in die grabkammern, als würde die/der verstorbene darin weiterleben können.
-die griechen schreien am lautesten – sie leben ja auch sehr laut.
-wir ignorieren den tod eher – aus angst (meine erklärung: weil wir nicht leben können, können wir auch nicht sterben).
die eigene trauer betrifft immer nur uns selbst. es ist der umgang mit dem schmerz. wir trauern um etwas, das wir verloren haben. wir sehen die liebsten ja gern als ‚besitz‘, als ‚eigentum‘ an. um so schwerer ist es, von ihnen zu lassen. jemand geliebtes gehen zu lassen ist immer mit schmerz verbunden. die einen verdrängen, die anderen gestalten mit ihrer trauer einen teil ihres lebens. es ist individuell und kann nicht verordnet werden. wenn wir leben ‚gestalten‘ und in einem offenen bewusstsein leben, können wir auch den tod und die trauer nicht ausschliessen. durga, eine weibliche gottheit indiens und auch shiva, ein männlicher, ‚erschaffen‘ leben, ‚erhalten‘ es und ’nehmen‘ es auch wieder. geburt, leben, tod – es ist ein kreislauf und wir sind darin. wir können nichts aussparen.
wenn ich mit meinen verstorbenen kontakt aufnehme, nehme ich kontakt auf zu dem, was auch noch ist, zu dem, was ich nicht weiss und nicht verstehe. ich verbinde mich mit meinen erinnerungen, mit meiner vergangenheit.
wenn ich auf friedhöfen gehe, begebe ich mich auf eine andere ebene. ich versuche, geschichte zu erinnern und zu begreifen. in das verständnis, dass ich sterblich bin, dass alles vergänglich ist, versuche ich mich ohne angst einzuschwingen, versuche zu akzeptieren, dass auch ich einmal sterben muss.