BIS IN DIE EWIGKEIT…

jüdischer friedhof kassel

auf dem kasseler jüdischen friedhof besuche ich die toten. mal wieder verbringe ich ein paar stunden in konzentriertem erleben. heimkommen zu etwas vertrautem. hier verändert sich nichts mehr, nur der lauf der zeit und die ständige verwandlung verschieben mir die bilder.

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die toten raunen mir zu: setz dich, erzähl uns was. und ich werde ganz ruhig. längst haben sie abgelegt, was mich noch umhertreibt. längst sind sie frei von allem überfluss der dinge und gedanken, den zielen, die keine sind. und dann erzählen sie mir, anstatt umgekehrt.ich versuche zu verstehen, was sie sagen. das ist eine ungeheure anstrengung. ich zweifle, ob ich sie richtig verstehe, oder ob sich meine gedanken schon wieder mit den ihren vermischen. und dann sehe ich ganz klar – hier ist auch drüben – drüben, das ist auch hier. kein unterschied – alles ist in allem.

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zu der ungeheuren heiterkeit durch den goldene herbstteppich auf allem mischt sich trauer. ich laufe, wie zufällig, genau hin zu den kindergräbern. sie waren mir noch nie so gegenwärtig, sie rührten noch nie so sehr an mein herz.
‚gräber von kindern – nicht auszuhalten. ich schreie. innen. schreie ich. kein bild im haus des lebens für kinder. noch habe ich keines. meine vorstellung streikt. sie will diese kinderbilder nicht im schattenreich. ein grab in den wolken. für die kinder ein grab in den wolken.’ (AUS MEINEM BUCH ICH SCHLAFE – MEINE SEELE WACHT).

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genau diese stimmung ist es, in die ich falle, als ich an den kindergräbern gehe. die grabsteine sind klein – ganz klein. einer ist nicht viel grösser als meine verlängerte hand. kleine steine für so grosses leid. einige der kinder sind nicht ein jahr alt geworden. ich versuche, das nachzuvollziehen. für den einzelnen fall kann das nicht gelingen – nur für das eigene erlittene.

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ich ballanciere zwischen den gräbern. manchmal knicke ich um und ein und es ist mir, als stürzte ich hinab. aber ich fange mich wieder. hoppla. das nimmt mir den atem. fotografieren erfordert viel aufmerksamkeit und konzentration. dieses sicheinlassen kostet viel energie, ganz verwandelt kehrt sie zu mir zurück.

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One thought on “BIS IN DIE EWIGKEIT…

  1. Wunderschöne Friedhofsbilder! Ich liebe diese Spaziergänge über Friedhöfe, die einen besinnlich stimmen und ein Gefühl der Zeitlosigkeit aufkommen lassen.

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