WALDSEHNSUCHT I…

WALDWESEN UND WALD…

herbst ist nicht gleich herbst. die bäume reagieren auf jede wetterveränderung und auf sehr unterschiedliche art. hier sind die kleinen buchenbäume wie ein schmuck. sie haben ihre blätter noch festgehalten, die sind rotbraun und die sonne, die am vorletzten tag des november unbeirrt ihre leise wärme und grelles licht sendet, bringt sie zum leuchten. wie weihnachtlich geschmückt, so dass mir die kleinen grünen tannen erst später auf den bildern auffallen.

REINHARDSWALD_WALD_I__28.11REINHARDSWALD URWALDWESEN_II__28.113für meine waldwesensuche ist sonne nicht sehr geeignet – der kontrast von hell und dunkel zu stark. zwar mache ich immer mal wieder den versuch sie zu fangen, das ein oder andere wesen, aber ich kenne die auswirkungen der zu grellen sonne. im november steht sie noch dazu besonders schräg, und schräg sind dann auch die bilder.
aber der wald als landschaftsbild gefällt mir sehr gut in seinem besonderen leuchten, wie ein gemälde. das bewahrheitet sich auch später beim betrachten der bilder als stimmig, und ich tauche auf einer anderen ebene noch einmal ein in das leuchten.

REINHARDSWALD URWALDWESEN_III_28.112 REINHARDSWALD URWALDWESEN_IV_28.111hier, wo es keine wege gibt, ich durch hochblühendes gras und gestrüpp mich fast zwänge, bleibe ich hängen an brombeerzweigen. mein mantel kennt das schon und weist die dornen, nachdem sie sich festgekrallt haben, wieder ab. heidelbeerbüsche, leichter zu durchqueren, und immer von einem umfallbaum zum anderen, an denen sich die waldwesen besonders gern anlehnen. ich beneide sie um ihren überlebenswillen und den einfallsreichtum zur neugestaltung – die einen in wesen, die anderen in unwesen und als solche nicht zu erkennen. auch die unwesen bemerke ich und schaue sie an. vielleicht mache ich auch mal ein buch über die unwesen des waldes. mag ja angehen. alles, was die fantasie anregt, ist mir willkommen.

heute treibe ich es auf die spitze. da ist wieder ein baum in der waagerechten und er lockt mich und noch einer, bis ich passen muß und mich nicht mehr auf den beinen halten kann. zu viel ist nicht gut – ich stolpere über dicke bemooste und rauhreifbehaftete baumstämme, kann die balance nicht halten, falle und stoße mich an mein schienbein. heute kann ich kaum auftreten, weil mir auch die kniescheibe einen streich spielt.
sehnsüchte, wenn sie erfüllt werden, müssen häufig teuer bezahlt werden…

U R W A L D II . . .

ALINA UND TILL…

ich bin allein im urwald – wunderbare stille – fast zu helle sonne, die sich am mittag schon wieder wendet – zum glück. knallesonne bekommt den fotos nicht.
aber da ich heute ja nicht fotografieren will – nicht wirklich – nur mal hier und da – den wildapfelteppich z. b. – im urwald wirklich eine seltenheit – ist das so in ordnung.
URWALD_TILL-ALINA_I_25.117an der kamineiche treffe ich alina und till – noch nie vorher gesehen – oder doch… als wir ins gespräch kommen- und das passiert, weil ich alina frage, ob sie noch ein paar fotos im kamin machen könne mit meiner kamera. na klar – und es werden ganz schön viele. till sagt, sie versteht was davon, sie ist fotografin und filmerin. alina krabbelt noch einmal in den baum. da käme ich vielleicht noch hinein, aber sicher nicht wieder raus…
URWALD_TILL-ALINA_II_HOHLER BAUM_25.114 URWALD_TILL-ALINA_III_HOHLER BAUM_25.1110dann reden wir – eine lange weile – und till meint dann, sich erinnern zu können, mit mir im UNTILLED von pierre huyghes bei der d 13  schon mal gesprochen zu haben.
es wird eine lustige begegnung und eine lebendige. wir erkennen uns und fallen uns um den hals oder die hälse besser gesagt.
beide sind künstler/innen – alina aus berlin in der kasseler uni. und till aus kassel in berlin in der berliner uni. sie haben sich in kassel getroffen und sind zusammen in den urwald.
alina ist performences-künstlerin und zur documenta 14 in athen zur eröffnung und auch in kassel zugange. mit stoffen hat sie zu tun und teppichen. till schwärmt von ihren fähigkeiten der verwandlung. ich bin neugierig und – komm doch mal in die uni… na klar
und zur documenta.

es wird ein langes gespräch und till hat kalte füße bekommen in seinen surfschuhen. sie kennen beide auch marlon m., den mit yumi, dem podenco von der d13. alina kennt ihn auch vom studium.  wir reden ein ganze weile von dem gemeinsamen bekannten marlon, dem langen kerl. und till kennt auch laura aus hamburg, die tochter meines ex. na sowas.
URWALD_TILL-ALINA_IV_ MARGARETE_25.116
es geht noch lange und vom widersinn der umzäunung der bäume, welche die menschen ja doch durchbrechen – bis hin zum gemeinsamen joint unter der margarete, die ich den beiden noch zeige.  da hocke ich mitten im urwald und paffe – sowas aber auch…
am abend wollen wir noch gemeinsam essen – irgendwo. das wird dann aber nichts.
wir werden uns sehen, in der uni, in der aue, bei mir oder anderswo auf einen kaffee und weitere lange gespräche. spannend…

SEHNSUCHTSORT…

U R W A L D . . .
URWALD_WALD_P1590413das wetter ist so unsagbar schön für november, dass es mich in den urwald zieht – schon wieder…
am parkplatz ein knabe aus göttingen – hobbyfotograf. ich frage, wies war im urwald. naja, das hat sich alles stark verändert, sagt er. die umzäunungen. die stinken mir auch, sage ich. er –  die müssen wohl sein bei den vielen menschen, die sie nun daher locken. für den tierpark ist das ja sehr schön. das gespräch geht noch über göttingen, wo ich 15 jahre eine tanzgruppe hatte. am ende sagt er noch – heute habe ich nur nach oben fotografiert.

URWALD_DUNKLE SCHÖNE HEUTE_25.115nach oben fotografiert… heute habe ich gar keine lust zu fotografieren. einfach nur sein. klettere dann aber zu meiner DUNKLEN SCHÖNEN, die jetzt zu erkennen ist zwischen laublosen staksebäumen. so enttäuscht bin ich, wie sehr sie sich verändert hat. nicht mehr zu erkennen als SCHÖNE. vielleicht als DUNKLES etwas. und – wie die zeit vergeht – oder wir – erkenne ich und muß es hinnehmen.

URWALD_BRANDBAUM_III_NACH OBEN FOTOGR._25.111am brandbaum vorbei zur margarite, der noch ganz schön dicken. aber ihr LAMUNGO, den ich so nannte in meinem buch, hat auch ganz sehr gelitten.
dann höre ich stimmen an und in der kamineiche – denke, es sind vater und kind – das kind in der eiche. fast freut es mich, dass die menschen zu ihr noch finden, obwohl – obwohl dieser hässliche zaun sie davon abhalten soll.
es sind zwei junge menschen, alina und till, wie sich später herausstellt.
die geschichte geht dann anders.

URWALD_I_ NACH OBEN FOTOGR._25.113 URWALD_II_ NACH OBEN FOTOGR._25.112später noch das erinnern an den satz – …nur nach oben fotografiert.
das sehe ich als aufforderung und möglichkeit. die dunklen äste nehmen sich gegen die blätterdächer und den blauen himmel vorzüglich aus. zwar habe ich an der kamin- und der wappeneiche und dem brandbaum schon oft nach oben fotografiert – aber eben nicht so ausschließlich. das gibt ein anderes gefühl, zieht den blick in den himmel.

BASALTSTEINBRUCH DRUSEL…

KASSEL DRUSELTAL…
STEINBRUCH KS_II_P1590176das erleben ist wohl mehr bei mir. das wilde sehen ist nicht so spektakulär für fremde augen – denke ich mal.
das herbstglühen habe ich verpasst. es braucht bei mir immer eine überwindung
über die erdbarriere in den steinbruch einzusteigen.
STEINBRUCH KS_III_BLÄTTER_23.11 STEINBRUCH KS_IV_23.111leise angerührt hat es mich. die zarten farben wie aquarelle. herausragend einzig die goldgelben lärchen. sie hocken in den hängen und leuchten in der sonne. hinzu kam ein süßlicher duft von irgendwelchen blättern. er zog durch den gesamten steinbruch. erlen nehme ich mal an. eines fische ich aus dem wasser – größer als meine ausgestreckte hand. es strahlt mich an und zeigt sich in seiner letzten pracht. dass ich dann nassen fußes weiter muss, macht mir nichts aus. es ist nicht sonderlich kalt.

STEINBRUCH KS_VI_23.113und wie viele viele verschiedene bäume da wachsen – unglaublich. habe erst jetzt darauf geachtet, wo mir die blätter zu füssen liegen.
die ganze untere ebene leuchtend in einem hellen grün – vorwiegend moos. und ich stelle mir vor, wenn diese ebene von pflanzen überwachsen irgendwann einmal noch ganz anders aussehen wird.

und mein steinkreis – unverletzt und heimlich. hätte gern die herzsteine raus genommen.
es entspricht nicht der symbolik des kreises. aber ich dachte, wenn ich es wegtue, kommt eine ganz andere energie hinzu und es zerstört mir vielleicht auch jemand meinen kreis…

der anstieg fällt mir diesmal leichter. die großen steinbrocken, die einen eingang bilden und die durchfahrt für fahrzeuge verhindert haben, haben einen platz für mich, auf dem ich eine weile ruhe.

ehe ich ganz hoch steige, gehe ich noch in den bauch, wie ich ihn nenne – ganz dicht an die sprengfelsen heran. es hat sich viel verändert seit meinem letzten besuch. es schaut aus, als hätten sich erdmassen dazwischengedrängt, bilden schlieren durch die steinwand, die kann ich mir nicht erklären. auch hier immer wieder sitzen auf steinbrocken.
STEINBRUCH KSD_I_P1590287dann hoch bis in die äußerste ecke. von da einen blick in den bauch hinab –
gefährliche tiefe. hab einen moment dort gesessen und eine banane verzehrt –
frühstück mal ganz ganz anders, aber gute luft und gute gesellschaft. steine sind wunderbar in der nähe.
STEINBRUCH KS_VIII_23.114mein blick geht immer wieder zu den lärchengeschmückten hängen hin.
hinab geht es auch nicht viel schneller. immer wieder schauen und schnuppern.
mein steinkreis von hier oben winzig klein. aber ich weiß um seine existenz. niemand würde auf die idee kommen, in diese äußerste ecke zu gehen.
STEINBRUCH KS_VII_23.115 noch nie habe ich den steinbruch bei solch einer beleuchtung gesehen und noch nie in dieser jahreszeit. wochen vor- oder nachher sieht wieder alles ganz anders aus. sehen, wie er sich verwandelt und doch immer derselbe bleibt.

WILHELMSTHAL…

bei calden

AMALIENTHAL…

WILHELMSTHAL_SCHLOSS VON AUßEN_IV__21.1111643 kaufte die hessische Landgräfin Amalie Elisabeth, Witwe von Wilhelm V., das Gut Amelgotzen. Das Gut war ursprünglich im Besitz des Klosters Helmarshausen. Unter dem Namen Amalienthal diente es ihr als bescheidener Landsitz. Das heutige Schloss wurde von 1743 bis 1761 als Lustschloss für den hessischen Landgrafen Wilhelm VIII. erbaut.

WILHELMSTHAL_BAUMSCHATTEN IM WASSER_I_P1590074WILHELMSTHAL_BAUMSCHATTEN IM TEICH_V_21.112eigentlich wollte ich baumschattenwasserbilder fangen. dass es nicht so recht gelang lang daran, dass wegen renovierungsarbeiten der gesamten wasserleitungen der kanal hin bis zum zugewachsenen wasserreservoir für die wasserspiele das wasser abgelassen wurde.

WILHELMSTHAL_KANAL_OHNE WASSER_III_21.11

WILHELMSTHAL_FIRMA ROHDE_IX_21.116herr a. von der firma rohde erklärte mir, wie schwierig das unterfangen sei, weil niemand mehr die alten aufzeichnungen lesen, geschweige denn verstehen könne. na, dann aber…  wenn die rohre freigelegt sind, wird eine kamera eingeführt, um die lage zu orten und die schäden zu finden, und um sie beseitigen zu können. das ganze soll nach den alten plänen wieder hergerichtet werden.

WILHELMSTHAL_AUSSEN_BRÜCKEN RENOVIERT_VI_21.113 WILHELMSTHAL_PARKIMPRESSIONEN_VIII_21.115

zuvor hatte ich herrn gr. mit seinen beiden dackeln getroffen, der erzählte mir von dem vorhaben, die den park umgebende mauer zu erneuern. kostenspielig sei es und das reiche bis in die millionen – mehrere – betonte er. ob da wohl die kosten für die renovierungsarbeiten der wasserspiele enthalten sind…
ich fliehe vor einem blätterpuster in den hinteren teil des parks. bis dahin ist er noch nicht gekommen. die baumblattherbstallee ist mit einem blattteppich ausgelegt, wie zum empfang einer königin. ich fühle mich willkommen.

WILHELMSTHAL_BLICKACHSE AUSSICHTSTURM_II_P1590137der freie blick zum aussichtturm erinnert mich an die pfaueninsel – berlin wannsee – wo die blickachsen zu den sehenswürdigkeiten geschickt freigehalten werden.  ein verdienst von Peter Joseph Lenné, einer der bedeutendsten Garten- und Landschaftsgestalter Europas. daher habe ich auch hier einen freien blick zum turm – einen herbstlich schönumrahmten und geschmückten.

WILHELMSTHAL_SCHLOSS MIT TEICH VON OBEN_VII_21.114der blick von dem nun belaubten hügel herab auf das rokoko schloß mit vorgelagertem teich hat märchenhafte züge – wie schlösser heutzutage oft und aus unwissenheit auf die damaligen zeiten. fürs auge ist es bezaubernd schön.
das schloß – es hat mich empfangen – es hat mich verabschiedet – das wetter nicht sehr fotogerecht, aber immerhin nicht regnerisch. obwohl mich die bauarbeiten anfangs störten, bin ich froh, die hintergründe erfahren zu haben – und – unser park soll schöner werden… geduld ist angesagt.

hr Peter Joseph Lenné und die Insel Potsdam Film von Rainer Hoffmann | tagesschau24

Fünfzig schöpferische Jahre verbrachte Peter Joseph Lenné, einer der bedeutendsten Garten- und Landschaftsgestalter Europas, im Dienste dreier preußischer Könige. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stand seit 1825 ‚die Verschönerung der Insel Potsdam‘, ein Vorhaben, das Lenné, wie er selbst voraussah, zu seinen Lebzeiten nicht würde abschließen können. Er hatte die Vision einer Zusamenführung von Volks- und Schloßgärten, von Landschaft und Feldflur. Diese großartige Herausforderung eines riesigen Gartens mit den berühmtesten preußischen Schlössern ist endlich nach dem Fall der Mauer wieder hergestellt und der Öffentlichkeit zugänglich.
Jubilläumsjahr „Peter Joseph Lenné 2016

Das Lenné-Jahr endet mit der Verleihung der Peter-Joseph-Lenné-Preise des Landes Berlin am 25. November 2016.

FRÜHLINGSWIND IM NOVEMBER…

KARLSAUE ZUM BASSIN…

AU_VOM NORDTOR ZUM BASSIN_TOR_III_20.111ein vogel singt frühlinslieder schon am frühen morgen. das wetter ist irritierend – nicht nur für menschen. schön ists im sturmwind zu laufen. die menschen sind aus den häusern gepurzelt, als wäre baumblattausverkauf.

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sie rascheln unter den füßen – noch – bis sie von den gärtnern weggepustet werden. weich, wie auf einem teppich gehe ich. so ein tag ist ein geschenk.

AU_VOM NORDTOR ZUM BASSIN_TANSENDE WASSERBLÄTTER_II_20.11
der wind peitscht das wasser im see auf. die blätter tanzen den wasserblatttanz – schön anzusehen. ach wäre ich doch ein blatt – nur für eine kleine weile.
noch vor wenigen tagen war das landschaftsbild ein so ganz anderes. jetzt ist die tönung beig-braun – ein bißchen gelb – unvermutet ein kleines rot – so genügsam und doch üppig in seiner art.

AU_VOM NORDTOR ZUM BASSIN_DREI BÄUME HOCH_VI_20.114 AU_VOM NORDTOR ZUM BASSIN_STEFFI UND TEDDY_V_20.113

die menschen führen freudig ihre hunde aus – so viele hunde. ich setze mich auf eine bank. ein hund kommt zu mir gleaufen, leckt mir die hände, schnüffelt ausgiebig. die besitzerin kommt auch – steffi – eine kunststudentin. na das paßt ja – steffi und teddy. wir reden lange – es ist redewetter – und die luft fast lau bis bissig.
frühling im november – das wars doch…

AU_VOM NORDTOR ZUM BASSIN_NÜSSE BAUMHASEL_IV_20.112

DER REIZ DES VERGEHENDEN…

GLASHÜTTE SÜßMUTH…
IMMENHAUSEN
GLASHÜTTE_RUINE_SCHERBEN VOR FENSTER_X_P1580836
die glashütte ist etwas, an das ich mich erinnere. nun steht das gebäude seit 20 jahren und wird nicht mehr gebraucht. es zerfällt und niemand hält den zerfall auf.
die großen alten fabrikgebäude sind auch heute noch beeindruckend. keine ahnung, warum sie niemand als erhaltenswert betrachtet. die kunst fände immer einen grund. doch wie immer, geht es ums geld. man stellt es erstmal unter denkmalschutz und läßt alles wie es ist.

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die bilder, die ich finde, sind einmalig. ich habe ein faible für abrisshäuser und bahnhöfe. es sind spuren in die vergangenheit, die ich neu ordne. dass hier einmal feinstes glas gezaubert wurde – unvorstellbar.
irgendwie fehlt der zauber des morbiden – oder liegts am regenwetter und der schlechten beleuchtung. einen reiz hat es trotzdem für mich. woher die vielen schuhe kommen – frag ich mich – und das blüschkamel und die kinderautos und und und… vielleicht dient es längst als mülldeponie – zu viel kruscht.

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dennoch beeindruckt mich die gewaltige halle. noch steht sie, als wolle sie beachtet und aufgerichtet werden. zerschlagenes geschirr und töpfe – ob hier gekocht wurde, oder nur müll. der kleinkram zwischen den beiden hallen hat seinen reiz. so zwischen schilfkolben und blühendem moos. die natur hat ihr anrecht schon gefunden.

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die vielen fenster gucken auf mich wie große gierige augen. sie sind um mich herum – fast denke ich, so bin ich nicht allein. leichter regen fällt, wie um die wunden zu kühlen oder zu tilgen. ein denkwürdiger ort. ich hoffe, er findet seine bestimmung.GLASHÜTTE_RUINE_XIII_18.119

GLASHÜTTE_RUINE_LANGE FENSTER_18.11 GLASHÜTTE_RUINE_VIII_18.118

die geschichte der glashütte würde ich gern nachlesen können. da gibt es nichts – sagt der mann, der heute hier anwesend ist und die besucherinnen und besucher herein läßt.

 

URWALD IM HERBST…

URWALD SABABURG REINHARDSWALD…

URWALD HERBST_I_P1580543

was sind das für zeiten,wo ein gespräch über bäume fast ein verbrechen ist, weil es ein schweigen über so viele untaten einschliesst.

bertold brecht

URWALD_HERBST_MIT MIRKO_III_17.11 URWALD_HERBST_MIT MIRKO_IV_17.111
das wunderbare herbsterleben im urwald kann ich kaum beschreiben – ich kann nicht vermitteln, wie der duft der erlen mich umschwelgt, wie er in mich hineinkriecht, so dass ich ihn nie mehr vergessen werde. der üppige blätterteppich unter meinen füßen – zum hineinwerfen schön. hineinwerfen möchte ich mich – ganz blatt – ganz baum werden. als ich mich bücke, um pilze zu fotografieren, passiert es: ich kippe nach hinten um und kullere wie ein äpfelchen durchs laub. das aufstehen ist etwas beschwerlich, so über die seite abrollen, aber es zählt zu den unvergesslichen ereignissen des tages. und es passiert mir gleich noch einige male. dazu sind die blätter ausgelegt – denke ich – fallen können ohne schrammen.
erlen, eichen, buchen – die bäume sind nie stolzer und recken sich in den himmel. die erlen sind großzügig mit ihren blattabwürfen, eichen zögern eher und die buchen, naja, die liegen so dazwischen.

URWALD_HERBST_II_P1580544 URWALD_HERBST_MIT MIRKO_V_17.112 URWALD_HERBST_MIT MIRKO_VI_17.113
ich atme tief ein, dass mir fast die lunge platzt – so gierig bin ich nach dem becircenden duft. alles atmet aus und ich atme ein…
zum schluß noch ein apfelbäumchen – eher in richtung baum – das verzweifelt seine sämtlichen äpfelchen abgeworfen hat, damit endlich ruhe einkehren kann. die äpfelchen sind süß und saftig. einen ausgefallenen urwaldapfelgelee würde es geben. doch ich überlasse sie dann doch dem urwald und seinen bewohnern. die wildschweine sind rege – tagsüber verkriechen sie sich im unterholz. sie bevorzugen die ungekochten früchte.
ein urwaldtag – unvergleichlich schön – auch die sonne, die sich leicht zurückhält, spielt mit – bestes fotolicht. ich fotografiere wild drauf los – die ganze herbstschönheit des waldes möchte ich einfangen – reserven für den winter.

ES IST EINE ALTE GESCHICHTE…

ES IST EINE ALTE GESCHICHTE…
TETSUMI_AMOUR AUF STÜHLEN_P1580069

Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.

heinrich heine

FRIDERICIANUM_TETSUMI KUDO_KUSS_II_11.11 FRIDERICIANUM-TETSUMI KUDO-KUSS_P1580070_bearbeitet-1
amour
diese beiden – ja was denn – gestalten – ihnen fehlen hand und fuß. sie symbolisieren für mich die totale liebe – eine zärtliche dazu – zärtlich, wie ich sie heute nicht mehr finden kann. sie steckt in meinen erinnerungen fest.
mir fallen dazu moderne filme ein, in denen liebe ist wie auffressen, wie verschlingen, wie vereinnahmen. von zärtlichkeit nicht die geringste spur und ich denke, was kommt nach dem gegenseitigen auffressen

hiroshima mon amour… der film von 1959 fällt mir ein. ich war 20 und tief ergriffen.

ich schaue die werke mit liebenden augen an. die lippen, die herzen, die penisse und das viele sperma – metamorphosen – erklärungen – deutung… und immer wieder liebe in den verschiedensten farben und formen. es wächst aus einem blumentopf heraus – das herz. ein durch liebe befruchtetes – es gebiert zwei kleine herzen. zwei eingesperrte in einem käfig, damit sie nicht entfleuche – die liebe.

TETSUMI_HERZ IN TOPF_P1580179 TETSUMI_HERZPENISSE_P1580208
in ketten gelegt auch – zwei penisse, die zu einem herz verschmelzen. der konflikt – liebe und penis…

philip fragt mich, ob mir die vielen penisse nicht die scham ins gesicht trieben. die scham sei doch in meinen früheren jahren sicher thema gewesen.
war es nicht wirklich. ich erzähle ihm meine eigene geschichte – meine erfahrungen mit scham.
und heute und hier.
ich überlege – nein, weder scham noch peinlichkeit. sie sind ja in ihrer ART schon metamorphisiert  umgestaltet und nicht aktuell mir gegenüber – aber auch dann – nein, nein….
auf jeden fall sind sie gegenstand von diskussionen.

die menschen machen die ausstellung interessant – die gespräche.
die geschichte ist eine lange – von hiroshima bis herher. diese atombombenabwürfe mit  den 32 kilometer hohen atompilzen kriege ich nicht aus meinem kopf. ich war damals sechs jahre. und erst viel später – 15 jahre später – hatte uns dieses monster noch immer im griff. da fragten wir uns, ob nach hiroshima kinderkriegen noch angesagt sei.
noch heute macht es mich unruhig durch die ausstellung zu gehen. der spuk ist nicht vorbei denke ich. er wird nie vorbei sein, solange menschen…
und ich antworte mit TETSUMI KUDO:
Geprägt von den  Atombombenabwürfen über Hiroshima und
Nagasaki erwägt Kudo eine radikale, posthumane Konsequenz: Eine impotente Menschheit wäre frei vom unbedingten Streben nach Fortbestand der Spezies und würde so eine Neuordnung der vorherrschenden Kategorien zuallererst möglich
machen.