MUTTER – TOCHTER-TALENTE…

kürzlich sagte meine freundin brigitte – ich kenne niemanden, der mit so vielen talenten gesegnet ist wie du – wir kennen uns seit 60 jahren…

dieses geschick und meine talente habe ich einzig meiner mutter ANNA ELISABETH zu verdanken. noch mit 90 wollte sie mir beim wändestreichen helfen. ICH KANN DAS war ein gängiges wort von ihr – und irgendwie habe ich es auch von ihr übernommen.

im krieg, als wir evakuiert waren in einem kleinsten kuhdorf, hat sie trotzalledem versucht, uns das leben mit den ihr zur verfügung stehenden talenten vorstellig und lebenswert werden zu lassen.

das ICH KANN DAS hat sie da wohl auch erst für sich entdeckt – entdecken müssen. und alles, das ist nicht übertrieben – es war noch viel viel mehr – sie hat genäht gehäkelt schuhe erstellt aus autoreifen und ähnlichem und vieles mehr – einfach alles konnte sie. das hinterläßt eindrücke und spuren.  zwei gärten hatten wir mindestens immer gleichzeitig. anna elisabeth half den bauern bei der feldarbeit, wo ich mich ebenfalls einklinkte.

es ergäbe mindestens ein ganzes buch, würde ich über die kriegsjahre berichten. aber – und das prägt mein leben heute noch – ES WAREN DIE SCHÖNSTEN JAHRE MEINES LEBENS – wenn ich davon erzähle, gerade ich in begeisterung – leuchten meine augen. und ……..was meine KUNST beflügelt hat und das, was ich heute lebe (und erlebe) ist das aufscheinen meiner kindheitserlebnisse und -erfahrungen – das leben – über 7 jahre hin -in dem kleinen dorf DORLA mit ANNA ELISABETH. DANKE…

rosadora

DIE JAHRESSPIRALE…

die jahresspirale
an ihrem tiefsten punkt…

die spirale des jahres erfährt seine engste enge, seine tiefste tiefe und verdichtet in den nächsten 12 nächten, den rauhnächten, seine verwandlung in den gegenschwung in ein neues, ein weiteres jahr. in der dunkelheit dieser besonderen zeit bereitet sich das licht vor. nie waren die ängste der menschen ausgeprägter, die hoffnung, dass eine wendung erfolge, grösser, als in den tagen der wintersonnenwende.

in der heutigen zeit versuchen wir, die dunkelheit zu überlisten mit lichterketten, geglitzer und geklimmer, das von aussen kommt. die tiefe in der dunkelheit, in der neues sich vorbereitet, wird nicht mehr wahrgenommen. der jahreszeitenrhythmus, an dem wir uns für unsere inneren regungen orientieren könnten, wird ignoriert. das kaufangebot kennt schon lange keine jahreszeiten mehr. wir können erdbeeren im winter kaufen und wintergemüse im sommer. aus allen erdteilen der welt können wir beziehen, was und wann immer wir wollen.

rituale, die diese übergänge einst begleiteten, sind weitgehend vergessen. die irritation durch das dauernde habenkönnen und doch nicht wirklich wesentliches zu bekommen, schafft eine grosse orientierungslosigkeit. rituale wieder aufleben zu lassen hiesse, sie neu zu kreieren, mit neuen inhalten sich an dem immerwährenden wieder anzuschliessen.

in den rauhnächten, in denen die natur den atem anzuhalten scheint, geschieht in der tiefe die verwandlung, das wenden zum neuen hin. wir haben daraus die närrische zeit entwickelt, wo wir mit lärm und gelächter das alte jahr vertreiben, das unterste nach oben drehen können und dürfen – alles ist jetzt erlaubt, als wären es die letzten tage, nicht nur im jahr , sondern die uns noch verbleibenden.

mit der stille still zu sein, fällt uns schwer, auf das neue zu warten, noch schwerer. es deutet sich ja auch nur zaghaft an. aber in winzigen ansätzen bereitet es sich schon vor. wir müssen nur leise und bereit sein, uns überraschen zu lassen. dass aus einem kleinen samenkorn ein ganzer baum erwachsen kann – das müssen wir uns nur einmal vergegenwärtigen – wäre genug grund zu staunen und zu hoffen.

text von 2006

dies ist nicht blüte
nicht frucht
dies ist nicht frühling
nicht sommer
nicht herbst
dies ist nur der winter
mit seiner innigsten
grössten wärme
der hoffnung

duschenka
21.12.99

 

L U F T W U R Z E L N …

deine vermutung
was du sein wirst
wenn du nicht mehr bist

luftwurzeln
oder
eine spur im lehm

elsbeth maag
aus: unter der steinhaut
verlag nimrod

Lange vernachlässigt, werden besondere Kräfte von Wurzeln jetzt in der Wissenschaft erforscht: Sie helfen, Probleme des Klimawandels, der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung und des Umweltschutzes zu bewältigen. Sogar seltene Erden können sie aus der Tiefe fördern. Ein Wunderwerk der Natur.

siehe auch blog: vom würzelchen zur wurzel zum wurzelwunder

EIN NEUES JAHR…

 

ein neues buch, ein neues jahr
was werden die tage bringen?
wird’s werden, wie es immer war,
halb scheitern, halb gelingen?
ich möchte leben, bis all dies glüh’n
rückläßt einen leuchtenden funken,
und nicht vergeht, wie die flamm‘ im kamin,
die eben zu asche gesunken.

Theodor Fontane

 

 

foto: paul tuschick 2014

‚ich möchte leben, bis all dies glüh’n
rückläßt einen leuchtenden funken…’

wie schön ausgedrückt, wie gross das hoffen ins leben. doch zuerst bedarf es des GLÜHENS. manchmal ein bisschen zu wenig, manchmals etwas zu viel. aber hauptsache ist, dass es diesen funken in uns gibt, diesen funken zum leben, der es leuchten lässt und warm macht und hell und die menschen in unserer nähe erwärmt und sie gern um uns sein lässt.

wieder ein jahr – in unserem alter ist das ganz anders empfunden als in jungen jahren, in denen ein enden nicht mitgedacht ist. ‚halb scheitern – halb gelingen’ – so war es und wird es sein. die hoffnung auf ein ‚müheloses’ liegt nicht (mehr) drin. die schmerzen, die pein – von ihnen setzt sich das schöne und gute erst ab. vielleicht nicht mehr gierig sein aufs leben, aber neugierig bleiben, um dem ‚kleinen glück’ zu begegnen, das in jedem tag liegt, etwas träumen, damit das geschehen kann. rose ausländer sagt: ‚der traum hat offene augen’, also, mit etwas zugekniffenen augen dem sehen eine andere dimension entlocken. so ist das grosse nicht mehr zu gross und das kleine nicht zu klein, das schauen relativieren und das hinschauen nicht lassen.

rosadora

 

WINTERSONNENWENDE 2023…

UND DAS ERINNERN AN EINEN GUTEN FREUND – FERDINAND VON REITZENSTEIN…

da ich nicht mehr in den urwald komme und MEIN BAUM die letzten stufen seines dahingehens bewältigt – bleibt mir das erinnern. zur sonnenwende bin ich in den urwald gegangen und habe eine kerze angezündet und in eine niesche meines baumes gestellt.alles dahin – mein baum – und ich auch beinahe..

DIE BESONDERE TEESTUNDE BEI FERDINAND

28. november 2007

271107_ferdinand_die-besonderen-teestunden-124_400pix.jpg

ferdinand, dieser ganz besondere mensch ferdinand.
wir trinken tee. das gespräch geht über das leben und das sterben, über das glauben und das nichtglauben, den weihnachtsbaum, den er jedes jahr ganz besonders schmückt und für den die menschen bewundernd danken.

ferdinand beschreibt, dass er sich jetzt schon auf das besondere grün der tanne freut, wo doch draussen alles so dunkel und triste ist. er sagt, dass der baum ja eine blume im winter ist, der mit seinem grün nach oben leuchtet, das licht bringt – das weihnachtslicht. er schildert, wie er ihn mit farben schmückt, die ein besonderes licht ausstrahlen und wie er sich dann lange vor den baum setzt und mit den augen diesen farben nachgeht, an den zweigen rauf und runter und in sich hineinnimmt. immer wieder erwähnt er das licht. der baum in der kirche sei ihm viel zu sehr geschückt, man sähe das eigentliche nicht mehr.

ich empfinde seine begeisterung und wie sich das weihnachtsthema für ihn verdichtet in diesem in allen farben leuchtenden baum. es verdichtet sich auch das empfinden von geborgen- und aufgehobensein, dass ihn jemand behütet, an diesem tag für ihn. Ganz besonders an diesem tag. ostern, sagt er, hat ja immer ein anderes datum. aber weihnachten – darauf kann ich mich verlassen.
seine augen leuchten als er davon spricht, wie immer, wenn er die gelegenheit dazu bekommt und niemand dazwischenfährt mit fragen und wenn und aber. ferdinand ist im ansatz authistisch. ich entdecke in ihm gedanken und gefühle, die so niemand hegt und äussert…

…vieles kommt nicht an, wenn wir etwas erzählen. ferdinand erinnert dinge, die ich erzählte, die weit zurückliegen, obwohl es nicht den anschein hatte, dass er alles verstanden und gehört hat. ‚mit den augen hören und mit den ohren sehen’ ist schon eine kunst. ferdinand hat da sicher noch ganz andere ressourcen der aufnahme.

als ich mich für das gespräch bedanke und sage, dass ich so glücklich bin, dass er mich an seinen tiefen empfindungen hat teilnehmen lassen, sagt er ‚das freut mich’ und er kichert dabei mit dem ganzen körper. er senkt den kopf und zieht sich in sich selbst hinein. die freude ist auf beiden seiten.

….

271107_ferdinand_die-besonderen-teestunden-140_400pix.jpg

im atelier hat er bilder gehängt – ein teil mit sommerblumen. so nimmt er in den winter das helle, leuchtende. ich komme mir vor, wie in einem blumenladen. im winter ein bisschen sommer. er gleicht das für sich immer gut aus, damit er das, was ihn umgibt, aushalten kann. er geht unter menschen und in die welt hinein. doch er muss dann immer wieder zurück in sein selbsterschaffenes refugium, sein kleines paradies. alles fremde, laute, und gewalttätige schreckt ihn ab. er braucht das schöne um sich herum, sein zuhause, die kunst. da fühlt er sich wohl.

….. s. blog DIE BESONDERE TEESTUNDE BEI FERDINAND

eigentlich müßte es heißen: MIT Ferdinand

  1. ja so war er: besonders und wunderbar zugleich. er hat sich etwas kindliches bewahrt und lebte vollkommen in seiner eigenen welt.
    es waren auch für mich immer außergewöhnliche und bereichernde stunden in seinem haus.
    alex

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

IM TIEFEN GRUND…

 

 

 

 

 

 

 

im tiefen grund

´…der tiefe brunnen weiss es wohl,
einst aber wußten alle drum,
nun zuckt im kreis ein traum herum….´

und unter blättern
wo die tiefe beginnt
wo es ganz heimlich
und leise sinnt
klingen noch lieder
von altersher
singen und schwingen
zu uns her
entrücken uns
mit ihren klängen
halten uns fest
in ihren fängen

jetzt mußt du wissen
das zauberwort
das stumm dich trägt
an andern ort
wo träume kein traum sind
wo worte nicht zählen
wo alles nur schaum ist
du kannst es wählen
du bist entschlossen
du willst diesen traum
es wachsen dir sprossen
herum wie ein saum
da wird an dinge
dumpf gemahnt
die du als kind noch
hast geahnt

du willst zurück
in mutters schoss
das seerosenblatt
dient dir als floss
dann fällt ein lichtstrahl
dir ins gesicht
durchzuckend sagt es
das gibt es nicht
du kannst nicht gehen
aus der welt
erst wenn sie
ganz zusammen
fällt

rosadora

die ersten drei zeilen: hugo von hoffmannsthal
WELTGEHEIMNIS

MARGOT FRIEDLÄNDER …

undefinedm. f. bei einer lesung des Anne Frank tagebuches 12. june 2012  autor

 

am 5. november wurde margot friedländer 102 jahre. seit dem sie MENSCHgeworden ist, (wie sie selbst sagt), berichtet sie aus vergangenen tagen, in denen sie so unmenschliches von den nazis erfahren hat, insbesondere in schulen, damit junge menschen an ihrem schicksal erkennen, dass so etwas nie mehr passieren darf. dass das fast nicht genügt, erfahren wir in jüngster zeit. das muß für sie besonders schwer zu ertragen sein.            101 jahre, das ist mehr als ein ganzes leben. vielleicht geht es darum, verlorene zeit einzuholen. als sie erfuhr, das ihr bruder und ihre mutter von den nazis abgeholt worden sind, übermittelten ihr Nachbarn die nachricht und dass die mutter für sie noch hinterlassen hatte, sie SOLLE VERSUCHEN, IHR LEBEN ZU MACHEN.                        noch heute berichtet sie, dass sie sich ein lebenlang daran gehalten habe.                   viele  jüdische menschen, die den holocaust überstanden haben, erlangen ein hohes alter, so als würde ihnen verlorene zeit geschenkt.

ich bewundere sie sehr und weiß nicht recht, ob ich zu dem hohen alter gratulieren soll – gnade oder fluch. in diesem falle sicher die große chance, aufzuklären, damit gleiches nicht noch einmal passiert.