klettenlabkraut scharbockskraut
vogelmiere leberkraut
die lyrik aus dem kompostloch
ein brett das ich zum kunstwerk erhebe
wann wird etwas zur kunst
wann ist es wert kunst zu werden
und was hat das mit mir zu tun
in diesem falle habe ich eine beziehung zu dem brett das zum MARLONSBRETT wurde
es war der boden im unterschlupfhäuschen im ,untilled‘ von pierre huyghe während der zeit der dOCUMENTA 13
es war ein ruhepol für yuma und senior die beiden d13-hunde und den/die kunstgärtner/in in diesem werk
oft sass ich dort mit marlon oder feodora oder andré im gespräch vertieft geschützt vor den vielen besucher/innen
eine lange weile nach der d13 war klar das häuschen muss weg und kann nicht für weitere kunstaktionen genutzt werden
marlon und ich bauten es ab
marlon wollte alle teile im garten seiner eltern aufstellen
doch dann gingen nicht alle auf seinen kleinen anhänger
also blieben einige teile und auch der boden
später dann war eine kleine féte im kompostloch – marlon sagte mir zu spät bescheid ich war unterwegs und kriegte die kurve nicht mehr
sie hatten fast alles was sie benutzt hatten – feuer essen trinken undsoweiter – wieder aufgeräumt – nur das brett war zu schwer und blieb
das brett ist noch immer da und auch die bagger und rüttelmaschinen konnten es nicht tilgen
ich verfolgte jede situation und machte immer wieder ein paar fotos
und dann erklärte ich es zu MARLOSBRETT indem ich die gemachten fotos für collagen verwendete
auch da dieser sog der diesem ort innewohnt
ich machte und mache noch immer neue fotos und neue collagen – immer und immerwieder
ich ernenne MARLONSBRETT-collagen zum kunstwerk indem ich sie zusammenhalte und wie zu einem puzzle füge
und vieleicht mache ich – wie etel adnan – ein buch daraus
die frage – wann wird etwas zur kunst –
na indem frau macht
und wenn es noch menschen gibt die sich dafür interessieren
wirds kunst im grösseren stil
und wann ist es wert kunst zu werden
das bestimme ich und meine faszination
na und was das mit mir zu tun hat
das weiss ich noch nicht
aber vielleicht weisst du es
ERGÄNZUNG
gerade lese ich bei carolyn christov-bakargiev
‚das rätsel der kunst besteht darin, dass wir nicht wissen, was sie ist, bis sie nicht mehr das ist, was sie war.
darüber hinaus wird kunst ebenso durch das definiert, was sie ist, wie durch das, was sie nicht ist; durch das, was sie tut oder tun kann, wie durch das, was sie nicht tut oder nicht tun kann; sie wird sogar durch das definiert, woran sie scheitert.‘
auf jedenfall regt diese feststellung zum nachdenken an…
ETEL ADNAN
,der preis der liebe, den wir nicht zahlen wollen‘.
oder doch müssen…
ETEL ADNAN zog in ein haus in sausalito. vor ihrem fenstern bäumte sich der tamalpais ein berg der die landschaft beherrschte auf. er war aus sämtlichen fenstern zu sehen. es war in der zeit als sie mit dem malen begann und sie schreibt:
,ich malte nur noch den berg, und das ging jahrelang so, bis ich nichts anderes mehr denken konnte. es wurde meine hauptbeschäftigung, den berg in seiner unaufhörlichen veränderung zu beobachten. ich schrieb sogar ein buch über den berg. um ihn und meine gefühle in den griff zu bekommen – doch die erfahrung trat über die ufer meines schreibens. ich war süchtig‘.
…und ich fotografiere nur noch das kompostloch
um die unaufhörlichen veränderungen zu beobachten
sie gehen schneller als ich schauen kann
und ich laufe hinter ihnen her
vielleicht auch um meine gefühle in den griff zu bekommen
wenn ich auch sage dass es mir in erster linie um das verstehen geht
verstehen wie das leben tickt was es will oder nicht und was es mir vermitteln kann mit meinen vergleichen und verbindungen
meine schwester schreibt:
,…und wünsche mir, dass Du nicht in
Deinem Sumpfloch Wurzeln schlägst ?! Diese Spielchen mit entsprechendem
Reiz waren schon immer Dein Image und die ganze Familie war in Aufruhr
bei Deinen Eskapaden…‘
oder ,wurzeln schlagen‘ ist es das was wir möchten und doch nicht können
sind wir aus dem grunde so ruhelos so umherwandernd und oft getrieben
eher treten die bilder über die ufer meines erfahrens als umgekehrt
und was wäre so schlimm süchtig zu werden nach den dingen die uns rufen und aufrufen
in allem ist leben und sinn versteckt und manchmal zeigt sich mir ein zipfelchen
ETEL ADNAN
reise zum mount tamalpais
nautilus
die aufsteigende mondenergie hat schon was
sie hält eine enorme kraft bereit die wir nutzen können – bewusst oder unbewusst
in den letzten 14 tagen habe ich die layouts von drei büchern erstellt
und heute zur herbst-tagundnachtgleiche erhalte ich die nachricht
,die bücher sind lieferbar‘
in meinem fall bezeichne ich das als ernte
es ist die ernte monatelanger arbeit an meinem KOMPOSTLOCH-PROJEKT
und als höchste bestätigung dass ich richtig in der zeit bin
gestern – heute nacht (vollmond) bin ich in mein kompostloch und habe auf marlonsbrett einen blütenkreis ausgelegt – sozusagen als dank
weder vollmond noch tagundnachtgleiche waren dabei in meinem bewusstsein
einfach nur so gemacht und…
auch der gedanke dass hier ein höhepunkt ein abschluss erreicht ist
lagen tief in mir verborgen
fernando pessoa
spricht es an – dieses ZWIELICHT DES BEWUSSTSEINS
,Das gesamte Leben der menschlichen Seele ist eine Bewegung im Schatten.
Wir leben in einem Zwielicht des Bewußtseins, uns nie dessen sicher, was wir sind, oder dessen, was wir zu sein glauben‘.
Buch der Unruhe
und die griechische geschichte von DEMETER und PERSEPHONE zeigt deutlich den jahreskreislauf
wenn auch das original aus männlicher sicht
,Demeters Tochter Persephone wurde von Hades geraubt und in die Unterwelt entführt, da er keine Frau finden konnte, die freiwillig mit ihm in die Unterwelt ging. Demeter war voller Trauer und Schmerz – überall suchte sie ihre Tochter, doch konnte sie sie nirgends finden. Sie wütete, weinte, klagte, flehte um Gnade, doch nichts half. Schließlich wurde aus ihrer Trauer rasender Zorn und sie verfluchte alles, was fruchtbar auf der Erde war. „Stirb, stirb, stirb!“ schrie sie, und von nun an wurden keine Kinder mehr geboren, kein Weizen gedieh mehr und keine Knospe öffnete sich mehr – die Menschen und Tiere drohten zu verhungern. Die Erde selbst erstarb. Demeter saß am Brunnen und schrie den Namen ihrer Tochter hinein. Hier tritt eine weitere Göttin auf den Plan: Die Göttin Baubo. Sie ist die Göttin des Humors, des unbändigen Gelächters und der ordinären Witze. Sie reitet auf einer Sau, welche ein sehr altes Symbol fürs Gebären und die Wiedergeburt ist. Baubo ritt zu Demeter, tanzte wild, wackelte mit ihren Brüsten und erzählte ihr ein paar schmutzige Witze. Demeter wurde dadurch aus ihrer Trauer aufgeweckt und begann erstmals wieder zu lachen. Der Geschichte nach saßen beide Göttinen am Brunnen und lachten, dass ihnen die Bäuche wackelten. Sie lachten so lange, bis es Hades zuviel wurde, und so ließ er Persephone wieder frei und sie kehrte zurück an die Oberfläche zu ihrer Mutter. Sie durfte zwar nicht das ganze Jahr über oben an der Erde bleiben, denn Persephone hatte bereits Nahrung von der Unterwelt (ein paar Granatapfelkerne) gegessen. Aber sie durfte immerhin zwei Drittel des Jahres bei Demeter auf der Erde verbringen. Das andere Drittel musste sie in der Unterwelt leben. Demeter erklärte sich damit einverstanden. Sie wurde wieder fröhlich und gewann ihre Lebenslust zurück und so wurden auch die Erde, die Menschen und die Tiere wieder fruchtbar und niemand musste verhungern‘.
aus:
http://www.jahreskreis.at/Jahreskreis
wenn etwas einen ,zusammenbruch‘ symbolisieren könnte
dann ist es das wasser – eine überschwemmung
und gleichsam für ,wiederaufbau‘ oder fruchtbares wachsen ebenso
also
ich schaue nach in meinem kompostloch
– schaue ob der stillstand von den letzten tagen anhält – er hält an
die überschwemmung ist dann eine überraschung
so viel wasser gab es im vergangenen jahr bei weitem nicht
also sinnbild für
reinwaschen
klarschiffmachen
klar für neues
es regnet wie verrückt
doch das hält mich nicht ab – ich wollte nachschauen und tue es auch
schnell noch die schuhe wechseln
in der einen hand den schirm – er liegt immer im auto –
in der anderen die kleine kamera – die grosse hätte so viel mehr eingefangen
ich wollte nur zaghaft am rande bleiben
doch dann zieht es mich – ruf es mich – und nichts wie los
rein in den schlamm – durch den matsch – knöcheltiefes einsinken
gummistiefel – ja gummisstiefel wären das einzig richtige
und dann blubbern die regenblasen mich an – und ich krieg sie nicht scharf
mit einer hand – dem getänzel mit dem schirm – einfach kein stillhalten der kamera
und dann das okkerfarbene leuchten im wasser
es ist nicht einfach da – ich muss in einer besonderen richtung und höhe zu ihm stehn – dem okkerfarbenen leuchten
es ist der höhepunkt hier im kompostloch unter dem regen das ich ganz für mich alleine habe
am rand der matschpfütze entlang – da muss ich durch – und geschafft
es kostet energie und begeisterung – sonst ist da kein durchkommen
es erschöpft mich und ich sage mir
ich kann ja morgen wieder herkommen
und weiss dabei dass die situation morgen eine ganz andere sein wird
immer ist eine geschichte endlos
ich muss sie nur weiter verfolgen
yuma und senior sassen seinerzeit auf diesem splithügel
die dOCUMENTA begann und endete nach 100 tagen
meine geschichte ging da noch weiter
ich habe auch heute immer noch ein interesse an ihr
an der geschichte meine ich
das erste buch ist genau die zeit der dOCUMENTA 13
das zweite dann die zeit danach bis heute
das ist eine viel längere spanne
und wie ich jetzt schon sagen kann
wird es ein drittes buch geben
endlos – unaufhörlich
war ein titel der mir zufiel
wie ich heute sehe hat er eine tiefe bedeutung
die geschichte geht weiter…
SPURENSUCHE
da an diesem ort der einmal mein art-projekt war mein betätigungsfeld für über ein jahr plötzlich nichts mehr ist
spielt mein gehirn verrückt es arbeitet auf hochtouren
es reisst mir die augen auf und lässt mich dinge sehen die mich selbst verwundern
wenn etwas abgebaut wird – hier die natur – bleiben reste die in der art sich zeigen
dass sie fantastisches hervorzaubern
es sagt schau doch hin schau doch neu schau doch anders
gestern sonntag keine arbeiter im abgeräumten kompostloch nur berge von zusammengebaggertem das was nicht durch die rüttelmaschine und das sieb wollten
7 BERGE
hier einer und da einer und dort einer
und ich eierte los wie angestochen zog meine kreise
und da fiel es mir ein
es gehört zusammen
das „untilled“ – aufbau und zusammenbruch = natur
und nun
zusammenbruch und wiederaufbau = kultur
ich muss also dran bleiben bis sich das ganze rundet
bis ich sehen kann was kultur sich da so ausdenkt
und das zwischenspiel zu beobachten und in bildern festzuhalten was da wird ist meine neue aufgabe
KULTUR RÄUMT AUF
ich atme auf
es ist alles ganz einfach
es geht alles immer weiter
und ich finde sie die zwischenspielbilder
und es macht mir freude ins abstrakte zu gehen
MARLONS BRETT
als erstes ,marlons brett‘
und dann die ,sieben berge‘
BEUYESEICHE
der rest von der ,beuyseiche‘
und noch die ,spurensuche‘
und aus allem ,kultur räumt auf‘
die arbeit an meinem i mac geht zügig
ich bin wie angestochen
fantasie beflügelt
ich habe das gefühl gut gearbeitet zu haben
die geschichte geht so…
alles was als unkraut verschrieen ist und sich schön breit macht erhält meine besondere aufmerksamkeit
eine legende gibt es nicht zu der hühnerhirse und ich weiss auch erst seit „untilled“ dass es hühnerhirse ist
sie tauchte im kompostloch auf und marlon und ich rätselten was es sein könnte
ich schaute nach und fand heraus dass hühnerhirse einmal angebaut wurde
die jungen sprossen kann man sogar als gemüse essen
ich zupfte immer mal ein paar hirsekörnchen und probierte sie und fand dass sie nussig schmeckten
auch steckte ich ein paar samen in die tasche – wie ich von diesem und jenem samen einsacke
ich habe gar keinen garten aber der wunsch die samen auszusäen ist tief in mir
in der zwischenzeit könnte ich ganze beete damit bestücken…
juma im hirsefeld august 2013
war es im „untilled“ eine übersehbare fläche hatte sie sich in diesem jahr im halben kompostloch ausgebreitet
sie kommt spät im juli sie ist eine wärmekeimerin (habe ich auch erst herausgesucht) und sie schenkte ein wunderbares grün im sommer wo andere grüne schon nachgedunkelt sind
sie mag es feucht und das war es hier hin und wieder doch sehr
während sie in russland heute noch angebaut wird fürchtet und bekämpft man sie hier als ,lästiges unkraut‘ wie so viele andere heilkräuter ebenso
rosadora im hirsefeld august 2013
leider habe ich erst jetzt herausgefunden dass mein kater findeli das grün der hirse sehr mag
das kompostloch ist ausgeräumt aber in dem feuchteren teil treibt die hühnerhirse bereits
wieder neu
ich habe kleine büschelchen gezupft und sie in ein glas mit wasser gestellt findeli zieht es dem katzengras – das er übrigens fast durchgängig ablehnt – vor
nie würde er es fressen wenn es unkraut oder gar giftig wäre
er ist ein feinschmecker und frisst niemals das was menschen fressen
ich könnte ihn mitten auf den gedeckten tisch setzen und er würde nur kopfschüttelnd die ebene verlassen
august 2013
möge es so sein dass ich die hühnerhirse auch zwischen dem was hier einmal sein wird immer wieder entdecken kann
könnte doch sein – immerhin…
die geschichte geht so…
es sind die kompostlochgeschichten die so beginnen
also
dass gras beeindrucken und begeistern kann wusste ich bis zu dem moment wo es sich mir quer vor die füsse legte auch nicht
im „untilled“ gab es zwei wege die man wählen konnte – rechtsherum oder links vorbei
mittenhindurch ging nicht wegen der bienenfrau und weil die bienen nicht gestört werden sollten und ob der gefahr dass jemand gestochen werden könnte
viele menschen strömten durch die kompostlandschaft
es entstand vor allem in dem höher gelegenen teil ein trittfester weg
die dOCUMENTA war vorbei
ein winter verging ein frühling und fast ein sommer
als mir auf besagtem weg auffiel dass sich die kamille angesiedelt hatte
mir kam in den sinn dass es die umstrukturierung und heilende wirkung der kamille brauche um die vielen energien welche die menschen mit hereingetragen hatten
zu tilgen
die kamille wurde abgelöst vom gras
es wuchs und wuchs ging mir bis an die knie bis es sich dann einfach hinlegte und ausbreitete wie ein teppich
es ergaben sich dadurch muster und überschneidungen die mich faszinierten und ich beschloss das gras im auge zu behalten
viele fotos sind entstanden
mich interessierte wo das gras denn hin verschwinden würde
als ich entdeckte dass sich zwischen dem ausgebreiteten gras neues hervorwagte und so das alte überwuchs wurde es abgemäht
das ganze kompostloch wird mit baggern umgewendet gerüttelt und geschüttelt und die neu gewonnene erde in eine naheliegende kompostierungsanlage abtransportiert
das gras blieb mir in erinnerung und ich liess es mir in einem buch verewigen
kleine flüchtige verse begleiten das gras
so wird es heute oder morgen gebündelt und geklebt bei mir eintreffen
ein wiedersehen also