MEHRSTÄMMIGER SILBERAHORN…

karlsaue
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mehrstämmig – das kann ich bestätigen. silberahorn nicht unbedingt. es gibt 110 bis 200 verschiedene ahornarten – auf der welt – denk ich mal…
die entscheidung in den wipfel zu klettern, wird mir abgenommen. sechs arme oder stämme sind es, die alle den drang noch oben – zum licht – entwickelt haben, und ich kann mich für keinen entscheiden…
wiedert so ein zufallstreffer – ich schlendere durch den regennassen park und dieses gewaltige baumetwas stellt sich mir in den weg. ich habe ihn nicht gesucht – er war einfach da. die überraschung lag darin, dass ich seine ausschwingungen ohne blätter ganz enorm fand. sicher bin ich schon  an ihm vorbeigegangen als er noch belaubt war und fand ihn einfach nur gross und wuchtig. ich habe mir nicht einmal die mühe gemacht, ihn besonders anzuschaun.
aber jetzt – in diesem herbst war/ist baumzeit und ich sehe die bäume an wie zum ersten mal.

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ich sehe in jede spalte, finde seine moosbewachsenen abzweigungen herzlich erfrischend. es ist mooszeit, kühl und nass. ein wenig zeigt es in richtung frühling und macht hoffnung, wie alles wieder ein grünrausch sein wird. ich befühle das moos und die rinde, versuche in den blätterresten die blattform zu erraten. ein einzelnes blatt und dazu noch ein ganz winziges nehme ich als blattbeweis, woraus ich schloss, dass es ein silberahorn sein könnte.

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die bäume erfreuen mich, jeder in seiner art, machen mich aber auch nachdenklich in dem sinne, dass ich im internet ihre art herauszufinden versuche, was sich sehr schwierig gestaltet. oft muss ich das herausgefundene revidieren.

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SANDBIRKENWINTER…

SANDBIRKE
Betula pendula, die Sand-Birke, auch Hänge-Birke
karlsaue

ich fotografiere baumrinde. sie sind so verschieden und jeder baum hat seine eigenart.
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welch ein gepräge springt es mich an beim entdecken dieser birke. so durchfurcht – die charakteristische eigenart der sand-birke. sie beeindruckt mich sehr. sie steht allein zwischen anderen baumarten. die normalen birken, wie ich sie sonst kenne, stehen in einer gruppe ganz in ihrer nähe.

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was lässt sie sich so furchig gebärden. was gibt ihr den anlass dazu. ohne die kleinen weissen landkärtchen an ihrem stamm hätte ich sie wohl nicht unter den birken eingeordnet, von denen es etwa 50 bis 60 arten auf der nordhalbkugel gibt.
ohne blätter sind die bäume für mich nur schwer zu erkennen. immer mehr beeindruckt mich ihr nacktes dastehn. manchmal erscheinen mir ihre skelette  auf meinen fotos wie röntgenbilder. aber ihr wirklich innerstes offenbaren sie damit nicht.

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diese hier hat sich hoch hinaus gewagt. ihre äste wachsen wild durcheinander  ich erkenne kein prinzip, das macht mir das erkennen in der kalten jahreszeit schwer. fast spillig der stamm, dass ich denke, belaubt und regennass könnte der baum leicht kippen. aber das sind menschliche gedanken und bedenken. sie sind wie sie sind und leben ihr leben.

BAUMMAGIE…

…park wilhelmshöhe

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eine einheit – diese drei baumwesen – frauen könnte ich sagen. geheimnisvoll und vielsagend. aber was sagen sie. hören – hinhören – schauen – entziffern.

sie sind immer da, diese magischen baumwesen. nicht aufdringlich – ich weiss nicht, wie oft ich an ihnen vorbei gelaufen bin, ehe ich sie entdeckte. sie sind voll entfaltet und doch zeigen sie sich nur denen, die einen klaren blick für das verborgene haben. dich öffnen, damit es in dich hinein fällt und sich unerwartet die ganze magie entfalten kann.
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die drei nornen fallen mir ein – die schicksalsfrauen – urd (schicksal), verdandi (das werdende) und skuld (schuld – das, was sein soll). die eine spinnt den lebensfaden, die zweite schneidet ihn und die dritte teilt ihn zu. drei frauen: junge frau – reife frau – und weise alte.

nur dass sie hier nicht unter einer esche sitzen – weltenbaum kann er trotzdem sein, dieser baum. einen brunnen an den wurzeln zu denken, fällt nicht schwer. von heiligem wasser – so man will – ist der ganze park durchzogen. die nornen versorgen ihren baum mit diesem wasser und lassen ihn prächtig gedeihen.

immer kommt mir auch maria mit kind und josef in den sinn. je näher weihnachten rückt, desto weihnachtlicher wird es mir beim anblick des baumgebildes.
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gern möchte ich von der vorstellung weg – aber die drei hat es in sich. vielleicht muss ich nur die reihenfolge anders betrachten – mutter – vater – kind. das kind ist schon grösser – es ist also nicht die geburtsszene, das kind hat die hosen an und spielt mit einem püppchen. das püppchen wird mir auch zum embrio. da das kind eine so mürrische miene zeigt, will es vielleicht dieses kleine ding wegdrücken, weil es sich zwischen sie drängt – während mutter und vater sich besorgt ansehen…

der baum bekommt bedeutung für mich. ich muss ihn im auge behalten. mal sehen, wie die gestalten sich verhalten. über die jahre haben sie jedenfalls an ausdruck gewonnen.

BAUMBILDER SPEZIELL…

KARLSAUE
AUE_SEXUELL GESPREIZT_P1400909du siehst nichts, was du nicht kennst. aber hast du es erstmal gesehen, wirklich gesehen, dann siehst du es immer wieder.
mit inas bemerkung zum götterbaum, dass er sexuelle aspekte hat, sehe ich sie plötzlich überall, diese aspekte. dass ich sie bewusst sehe macht auch, dass ich sie inszenieren kann, wenn es gelegenheit dazu gibt.

AUEBÄUME OHNE SCHNEE_SEXUELLES ANSCHAUN_25.111 gestern war ein so bewusster und grossartiger sehtag. ich wollte die bäume untenherum fotografieren, also sozusagen ihre füße – da hatten sich die meisten farblichen ausprägungen angesammelt. doch dabei blieb es nicht. auch weiter oben waren sie durchgestaltet und zwar derart, dass mir die vielfarbigkeit einen verweis auf die bildhaftigkeit, ich mag es kunst nennen, gab.
AUEBÄUME OHNE SCHNEE_3 BÄUME IN EINEM_25.113es war wieder eine rundumschau – dabei hatte ich eigentlich nichts erwartet – grauer himmel und des bäumeguckens wohl nicht müde, nur eine pause angedacht. doch dann dies – das intensive grün der stämme von den vortagen hatte sich bei dem kälteeinbruch und schnee ins dunkle verwandelt mit nun vielen farbigen ausläufern.

AUEBÄUME OHNE SCHNEE_BILDHAFTES SEHEN_25.11das allererstaunlichste war, dass die bäume so verschieden damit umgingen. und ich dachte zum beispiel daran, aus den farbreich sich hervorbringenden rindenflächen gemälde herauszuschauen. wie angestochen lief ich zwischen den baumgruppen herum, so dass ich nach zweistündigem notieren völlig fertig war.

AUEBÄUME OHNE SCHNEE_BILDHAFTES II_25.112diesen entschluss, bilder herauszustellen, setzte ich an meinem mac zuhause fort – pausenlos. es entstand der entschluss, dieser möglichkeit in den nächsten tagen mit grösserer sorgfalt nachzugehen. es geht mir dabei darum, immer intensiver zu schauen und durch das genaue schauen etwas herauszufinden und zu verstehen und das verstehen zu übertragen in mein leben…

AUEBÄUME OHNE SCHNEE_I_25.114ich gehe los ohne jegliche idee, und dann überfällt sie mich an den orten, an denen ich laufe. bäume sind es zur zeit, auf die ich mich konzentriere – bäume, diese fabelhaften ideenspender/innen mit ihrer fabelhaft kreativen art. immer sind sie am wirken, niemals pausieren sie, auch dann nicht, wenn es uns so vorkommt – scheinbar.

HAINBUCHENHERBST…

„…gibt es denn bäume, von engeln beflogen, und von verborgenen langsamen gärtnern so seltsam gezogen, dass sie uns tragen, ohne uns zu gehören?“ RMR

KARLSAUE hainbuche am see…
AUE_HAINBUCHE AM SEE_P1400644.jpmanchmal lockt der see mit seinen wechselnden wetterbildern mehr, als alle bäume ringsherum. heute rückte die sonne mit ihrem reizvollen herbstlicht diese hainbuche ins bild – ein grund, sie zu umgarnen, sie also von allen seiten mit meiner kamera zu erobern. fast könnte ich annehmen, dass sie sich für mich zurechtrückt, sich reckt und streckt. dieses sich die weite zu erobern und wie, als wolle sie die umgebung erspüren und wahrnehmen, habe ich schon bei vielen hainbuchen beobachtet.

AUE_SEE_BAUMWIESE_HAINBUCHE_I_23.11aber diese, ich nenne sie LOUISE, tut es in einer weitreichenden weise und dazu so gekonnt. sie bringt mit ihren hoch- und breitwachsenden ästen eine so unverschämt schöne baumform hervor, dass ich nur staune, wie sie das bei wind und wetter schaffen kann. ich neige dazu, sie als die prachtvollste hainbuche im park zu bezeichnen. ihre grundform ist so ideal, dass sie selbst so entblättert und kahl noch besticht, wo andere bäume eher mickrig dastehen, so als wollten sie sich schämen.

AUE_SEE_BAUMWIESE_HAINBUCHE_II_23.112es gibt auch andere alleinstehende bäume, die vor kraft nur so strotzen, die ich immer beneide wegen ihrer stärke und kraft und aufrichtigkeit. hier im park nimmt man ihnen oft die möglichkeit, weil man sie in dreiergruppen gesetzt hat, sicher in dem glauben, dass sie den stürmen so besser widerstehn. da sie aber auch mehr angriffsflächen bieten, ist das oft nicht ganz richtig. ein einzelner baum übt sich im alleinsein und entwickelt daheraus seine grosse kraft.

AUE_SEE_BAUMWIESE_HAINBUCHE_23.111diese hainbuche – ich berühre ihre rinde gern, so wie bei dem götterbaum ( von dem ina sagte, dass die bilder von ihm sexy seien…), wenn mir auch der begriff sexy für bäume nicht so treffend scheint, haben sie doch bestimmt auch eine sexuelle wirklichkeit.
vielleicht reckt und streckt sich mein baum nicht nur in den gebotenen platz hinein, sondern sehnt sich nach berührungen mit anderen bäumen. sie werden ja auch gern zum schattenspender für andere bäume gesetzt.

GÖTTERBAUM…

…DEM HIMMEL NAH

KARLSAUE
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götterbaum – den namen habe ich schon gehört, aber ich konnte keinen baum zuordnen.

er hat mich begeistert – mit ausgebreiteten armen empfängt er mich. ich folge seiner einladung und habe sogleich kontakt mit ihm. seine rinde – seinen mantel sozusagen – fasse ich an, streichle ihn. es ist ein angenehmes gefühl. ich lege mein gesicht daran und rieche den göttlichen duft. ich nehme mass sozusagen – ich messe mich mit ihm – da weiss ich noch immer den namen nicht – blindes vertrauen…

AUE_GÖTTERBAUM_I_17.111mit seinen ästen erspürt er die welt, streckt sie quer und hoch in den raum – sehr eigenwilig – er schaut sich um, ehe er sich den himmlischen sphären zuwendet. seinen wurzeln nicht entfremdet, ruft er doch auch den wolken ein ichkomme zu.
er gestattet mir, porträits von ihm zu machen. zum glück hat er kein vorne und hinten, sondern ein rundum, das bietet einige möglichkeiten. ich rücke ihm auch nahe auf die pelle, und er hat nichts dagegen. ich sage ihm, dass ich am liebsten ein teil von ihm wäre, aber solches anliegen hat er sicher noch nicht gehört. aber irgendwie fühlt er sich geschmeichelt.

AUE_GÖTTERBAUM_GEÄST__17.11der blätter hat er sich entledigt und die rasenpuster haben sie weggeweht. an ihnen könnte ich seine art besser bestimmen. ich finde noch zwei sehr dunkle und da habe ich wenigstens die form, die ich im mac nachschauen kann. es ist einer der höhepunkte des tages, als ich tatsächlich die beschreibungen für einen GÖTTERBAUM finde und weiter stöbere, damit ich mir auch ganz sicher bin.

AUE_GÖTTERBAUM_II_17.112die verbindung vom götterbaum zu den göttern liegt nahe und der weg zu seiner abstammung und herkunft ist sicher. er ist eine invasive art und aus china und dem nördlichen vietnam eingewandert. dieser ist wohl mit bedacht gewählt und hier geplanzt worden zur bereicherung der baumarten im park. für mich war es eine bereicherung meines baumwissens.

GRÜNLINGE…

KARLSAUE
AUE_GRÜNLINGE_GESICHT_P1400117…kam es mir spontan, als mich die grüne wucht überfiel. sie zog mich an und zu sich hin. die bäume wetteiferten – einer wollte grüner sein als der andere. heftiger regen hatte die bemoosten stellen an ihren stämmen dazu gebracht, die farben, die der herbst sich bemüht hatte in die vergänglichkeit zu befördern, zu erneuen und aufzufrischen.
AUE_GRÜNLINGE_I_16.11zwischen den zur zeit vorherrschenden brauntönen nahm sich das grün grad königlich hervor und auffallend dazu. grünkraft – fiel es mir ein – die grünkraft ist immer vorhanden – bei bäumen und pflanzen, bei tieren und menschen, nur tritt sie nicht immer so prachtvoll und in gleicher weise hervor. sie ist die lebenskraft – die überlebenskraft in allem.
AUE_GRÜNLINGE_II_16.111nach dem starken regen schauen die bäume aus, als hätten sie sich, mit so üppigem  grün, geschmückt für ein fest. sie haben sich herausgeputzt für die menschen, die sich aus ihrem alltag herauswagen mitten unter sie. auch wenn sie es nicht bemerken, wie sehr sich die bäume mühen, gehen sie in dieser grünkraft einher und ihr körper speichert sie.
und wenn im winter nur ein höckerchen moos zwischen dem schnee oder an einem baumstamm neugierig hervorblinselt, ist dieses kleine grün voller energie und stellvertretend für ein grösseres inerscheinungtreten zuständig und übermittelt sie an mensch und tier.

REINE LUST…

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Warum erfüllen uns Gräser, eine Wiese, ein Baum mit so reiner Lust ?

Weil wir da Lebendiges vor uns sehen, das nur von außen her zerstört werden kann, nicht durch sich selbst.

Der Baum wird nie an gebrochenem Herzen sterben und das Gras nie seinen Verstand verlieren.

Von außen droht ihnen jede mögliche Gefahr, von innen her aber sind sie gefeit.

Sie fallen sich nicht selbst in den Rücken wie der Mensch mit seinem Geist und ersparen uns damit 
das wiederholte Schauspiel unseres eigenen zweideutigen Lebens.

Christian Morgenstern –