es ist eine geschichte, die mir zu herzen geht. die linde kenne ich von kindesbeinen an. wir waren evakuiert und lebten 7 jahre in dorla, das heute gudensberg-dorla heisst. wenn ich an ihr vorbei ging, kamen mir immer die zeilen vom herrn von hibbeck auf ribbeck im havelland in den sinn, obwohl ich wusste, dass der keine linde, sondern einen birnbaum hatte. das bild ist mir auch heute noch gegenwärtig.
und da ist sie wieder – meine geschichte.
ich fuhr um dorla herum, um landschaften zu fotografieren. als ich durchs dorf fuhr, sassen auf dem kleinen dorfplatz so nenne ich es mal – 4 menschen, denen ich zuwinkte. die wunderten sich erst und fragten, wer ich sei. na, ich hab hier mal gewohnt, sagte ich, und zeigte auf das haus und nannte meinen namen. und dann stieg ich aus. ich setzte mich zu den vieren auf die bank und es wurde eine erzähl- und erinnerungsstunde. es war ausführlich und ich will nur den teil von der linde erzählen.
also, die linde wurde im juli diesen jahres bis auf ein paar jämmerliche stümpfe zurückgeschnitten.
ein sturm hatte hinein geblasen und richtete keine schäden an. doch der baumpfleger stellte fest, dass der wurm drin war und menschen und strassenverkehr in gefahr seien. sie musste also weichen. ich hielt die luft an und konnte es gar nicht fassen, hatte ich die linde doch noch gesund erhalten und in vollem grün fotografiert. das ist allerdings eine weile her. und wie das so ist, steht sie nun da in ihrer kümmerlichen gestalt, wie ein kriegsgefangener ohne arme und beine, der aus dem krieg heimgekehrt ist. und – ich wollte es nicht glauben – sagt franz lämmer – die schnittstellen wiesen keinerlei krankheiten auf…
niemandem wäre sie auf den kopf gefallen, so sie denn umgefallen wäre oder ihre äste herabgeworfen hätte – ganz, ganz selten begenete ich menschen auf dem friedhof. und autos – na da fahren ein- zwei am tag die frankfurter strasse herauf und hinunter – die hätte es bestimmt auch nicht getroffen. aber wie der ordnungswahn der zuständigen es will, haben die dorlaner nun keine berühmte linde mehr und bis die neue so ein stadium erreicht hat, gehen ein paar jährchen ins land. auf jeden fall gibt es sie schon – die neue…
Kanderlaber-Linde
Eine etwa 22 Meter hohe und um die 500 Jahre alte Linde auf dem Friedhof im Dorf hat sechs aufrecht wachsende Stämme und sieht daher aus wie ein sechsarmiger Kandelaber. Der Baum war durch Spaliere und Gerüste in diese Form gebracht worden und hatte einst sogar sieben aufrecht wachsende Stämme, so genannte „Kerzen“. Die Linde diente auch als Gerichtsbaum, und der Vogt des Landeshospitals Merxhausen, dem das Dorf seit 1535 gehörte, hielt dort noch bis 1802 mindestens zweimal jährlich seine Gerichtstage.[1]