WAHRHEIT ODER DICHTUNG…

PENONEBAUM IN DER AUE…

er trotzt dem regen, trotztdem wetter
bedauert dass ihm keine blätter
an seinen ästen wachsen wollen
die blüten ihm nicht springen sollen
er tag für tag so leben muss
fürwahr ist eine harte nuss

DSC_0709

er reisst die arme hoch zum himmel
bekommt dabei fast einen fimmel

DSC_0711

menschen starren tagaus tagein
schaun schon löcher in ihn hinein

DSC_0712

er starrt immer in eine richtung
o ist das wahrheit oder dichtung.

DSC_0713

MANN IM TURM…

elisabeth-kirche
stephan balkenhol

DSC_1482

er überraschte mich, der mann, das männlein im turm. einen moment bin ich irritiert, da wird doch nicht einer…
dann bewegt er sich – wie in einem wetterhäuschen dreht er langsam nach rechts und wieder zurück.

dass der künstler, stephan balkenhol, sich den platz hoch oben und nahe dem himmel ausgesucht hat, spricht für ihn. und dass gleich polizei und feuerwehr – mit einem 18-köpfigen Löschzug rückte die Feuerwehr aus – sich irreführen liessen, naja… skandale sind beliebt – beliebter als kunst?

DSC_1483

dass die dOCUMENTA deshalb gleich ein „gestörtes verhältnis zur kirche“ hat, weil die figur das künstlerische konzept der dOCUMENTA für den friedrichsplatz störe, ist irgendwie nicht zu verstehen.

kunst ist für alle da und kann von allen gemacht werden.
die elisabeth-kirche zeigt bereits zum dritten mal während des zeitraums der dOKUMENTA eine eigene unabhängige ausstellung.
die diesjährige eröffnet am 3. juni um 16 uhr.
und obwohl ich mit kirche nichts am hute habe, zeigte sich die vergangenen ausstellung stark und beeindruckend. kirche und kunst will nicht missionieren, bewegt aber zum nachdenken mit der starken kraft der symbole.
caroline christoph bakargiev könnte die behütende geste als gutes zeichen deuten.

HUEGELIG…

HUEGELBEET –
ODER EIN JAPANISCHER- IM ENGLISCHEN LANDSCHAFTSGARTE…

DSC_0444

ein zartes grün legt sich über die huegel des japanischen künstlers. die weisse ummantelung ist verschwunden. so ganz konnte sie nicht verbergen, was dahinter geschah. nun eine runde sitzkante drumherum, auf der die dOKUMENTA-besucher/innen platz nehmen können. und was sonst noch passiert. alles offen.

DSC_0464

wir scherzen – es wird eintritt erhoben – eine stunde sitzen 5 euro, ermässigen sie dann auf zwei und dass niemand die stunde absitzen muss. herwig geht mit dem klingelbeutel herum – ich mache fotos, die werden auch angeboten. die einnahmen werden gespendet. wohin, soweit kamen wir nicht, ist also offen.

DSC_0463

in den pflanzkästen setzlinge, die ich nicht ausmachen kann. ich schaue im internet:
Herzgespann, Löwenschwanz (Leonurus cardiaca)
Besonderheiten: Ruderalpflanze mit sehr kleinen (meist <1cm lang), flaumig behaarten, hellrosa-weißlichen Blüten in Quirlen in den Blattachseln bzw. in langen Blütenkerzen und typischen gezähnten bis handförmig geteilten Blättern. Heilpflanze gegen Herz-/Kreislaufbeschwerden und Überfunktion der Schilddrüse. die pflanze gefällt mir. sie blüht von juni bis september - also über die zeit der dOCUMENTA. im beet schon erkennen kann ich Beinwell Symphytum officinale den kenne ich und er ist ebenfalls eine heilpflanze. er passt farblich ausgezeichnet zum herzgespann. das herzgespann hat bei mir den vorzug und hat es mir angetan - wegen des namens, er rührt an - eben ans herz.... zu erwarten, dass die anderen pflanzen, die ich noch nicht erkennen kann, auch in die richtung heilpflanzen wachsen. DSC_0462

DSC_0465

DIE STADT IM WALD…

DIE STADT IM WALD…
Joseph Beuys:
7000 Eichen, Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung
documenta 7, 1982
fertig gestellt zur documenta 8, 1987

DSC_9715

josef beuys hat mit seinen 7000 eichen einen prozess in gang gesetzt, der bis heute andauert.
er wollte den urbanen Lebensraum nachhaltig verändern.
seine zur documenta 7 gegründete „freie internationale universität“ wurde zum forum für die umstrukturierung in und an der gesellschaft. sie wirkt auch nach seinem tod weiter.

die finanzierung dieses grossen kunstwerkes, das als solches in frage gestellt wurde, stellte beuys sicher, indem er für 500 mark baumpatenschaften vergab. künstler stellten ihre werke zur verfügung, beuys selbst liess sich auf plakaten vermarkten, warb für whysky mit dem satz: „Ich habe mich vergewissert, der Whisky war wirklich gut.“ der allein brachte 400.000 DM. firmen gaben grössere geldbeträge als spenden.

nicht allein die finanzierung machte den kasselänern sorge. sie fürchteten vogeldreck und laubhaufen, bangten um ihre parkplätze und um ihren verstellten blick. und wer sollte die pflege übernehmen.
in den 30 jahren sind die empörungen fast abgeklungen. dass kassel nun im wald liegt, ist etwas dahergeholt. kassel hat ringsherum mehr grün als sonst eine stadt.
neben Stieleichen, amerikanischen Sumpf-Eichen und Roteichen wurden 36 andere Baumarten gepflanzt, darunter drei Ginkgos, je ein Eschen-Ahorn, eine Gleditschie sowie ein Tulpenbaum.
sie machen die grüne stadt noch grüner und das kann schliesslich nicht schaden. als lebende und lebendige kunstwerke geben sie weiterhin denkanstösse.

zur d13 ist das baumthema wieder ein thema. Giuseppe Penones Idee di Pietra, ein baum aus bronze, eine Hommage an Joseph Beuys und seine Aktion 7000 Eichen, Jimmie Durham´s zwei junge Apfelbäume und andere baumgewächse sind wieder einmal streitgespräch.
bleibt zu hoffen, dass die themen zum streiten nicht enden und damit auch nicht die gespräche.
sie lassen sich schon jetzt gut an – die gespräche und werden im laufe der d13 kreativ geschürt werden.

P1140797

P1140794

EIN HAUS IM WALD…

inzwischen stehen die häuslein wie in einem wald, so haben die bäume ausgeschlagen ins grün.
sommer ists geworden – mitten im frühling.
die leut schauen teils interessiert, teils nicht interessiert. viele haben nicht die geringste ahnung, für was dies alles geschieht. documenta, was ist das. na, sowas…
30 sollen es werden, 30 häuslein, von denen auch die erbauer nicht wissen, was damit oder darin geschehen soll. alles geheimnisvoll. die d13 rückt näher und die leut denken eher ans sonnenbaden – warum auch nicht.

DSC_9496

DSC_9498

DSC_9502

DSC_9505

DSC_9506

DSC_9514

DSC_9564

DSC_9579

TREE TO ONE…

Max Neuhaus: „Three to One“, AOK-Gebäude, DOCUMENTA IX, 1992

DSC_8870

Max Neuhaus
„unsere wahrnehmung des raumes hängt so viel auf das, was wir hören, als das, was wir sehen“
Unsere Wahrnehmung des Raumes hängt so viel 
von dem, was wir hören, wie von dem, was wir sehen ab…

In Kassel war Max Neuhaus erstmals 1977 auf der documenta 6 mit einer „sound sculpture“ in der Karlsaue.
• 1995 präsentierte der Kunstverein Kassel die Ausstellung „Max Neuhaus: Sound Work Zeichnungen“ im Fridericianum.
• Zur documenta 9, 1992, schuf er für das Treppenhaus des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes der AOK in Kassel an der „Schönen Aussicht“ das Klangwerk „Three to One“.
• Die Stadt Kassel hat im Jahr 2007 dieses Werk, dessen technische Grundlage erneuerungsbedürftig geworden war, mit Förderung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst sowie der Hessischen Kulturstiftung erworben und mit neuer Technik ausgestattet. Am 4. Mai 2007 konnte „Three to One“ in Anwesenheit des Künstlers der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden. Das documenta forum Kassel e.V. hat die „Patenschaft“ für das Kunstwerk in der AOK übernommen (www.documentaforum.de).

die klanginstallation ist so gut in das treppenhaus integriert, dass ich sie gar nicht wahrgenommen habe. in vollem klang habe ich sie nicht erlebt.
ich werde mich nochmal erkundigen, ob sie noch intakt ist. vielleicht bekomme ich sie auch zu hören.
ich berichte.

das treppenhaus ist eine wucht. die aussicht ist überwältigend. freischwebend scheint sich die treppe in der landschaft zu erheben. ein kunstwerk besonderer art.

d13 – DAS WORT ZUM SONNTAG…

DSC_9260

„Es ist der selbstbewusste Umgang mit der Inhaltslosigkeit, der Christov-Bakargiev auszeichnet. Ihr Konzept ist ein „Nicht-Konzept“, dazu steht sie. Auf die Frage, welche Ideen sie mitbringe, sagt sie: „Am meisten beschäftigt mich, wie man ein Kulturprojekt ohne Konzept auf die Beine stellt.“

DIE WELT
22.04.2012
Konstantin Richter

VERTIKALER ERDKILOMETER…

walter de maria
vertikaler erdkilometer
friedrichsplatz, d 6, 1977

D 12_mohn_12.07.07 044

bei jeder documenta gab es bisher und gibt es immer wieder ärger über die unverschämt anmutenden bau- und vorbereitungsarbeiten.
das verschwinden der aufmerksamkeit war bei den bohrarbeiten, welche den halben friedrichsplatz mit bohrerde überschüttete, und den hass auf die moderne kunst der kasseläner schürte, nicht abzusehen. sie sprachen nur noch von dem „loch“.
alles hat sich wieder beruhigt, ob es auch in vergessenheit geraten ist, kann ich nicht sagen.
bohrtürme hat der friedrichsplatz bis heute nicht wieder erlebt, aber umwälzungen jeglicher art, ob für das mohnfeld oder für mehrere grosse zelte und in diesem jahr für die baumbadewanne vor dem theater.

WALTER DE MARIA hat bei seinem VERTIKALEN ERDKILOMETER darauf zurückgegriffen, dass das museum fridericianum nicht nur aufklärend vermittelte, sondern dass es einmal historische instrumente aufbewahrte. diese waren zum messen von zeit und raum entworfen worden. in diesem sinne dem erdkilometer nachgedacht, geht es noch immer um das vermessen und verstehen der welt.
ich stelle mich in die nähe des erdkilometers und denke ihn mir in den himmel gerichtet. und da wäre ich dann real betrachtet erst bei zwei kilometern. in meinen gedanken erlaube ich ihm überdimensionale grösse und schaffe es doch nicht, dass er sich durch die welt bohrt, um am anderen ende zu erscheinen. entfernung und zeit – irgenwie bleiben sie unvorstellbar…

FREMD SEIN UND BLEIBEN…

DIE FREMDEN…
Altan des ehemaligen Roten Palais‘
thomas schütte, D9, 1992

DSC_9181

auch nach 20 jahren sehen sie so aus, als seien sie noch immer fremd in dieser stadt. das integrationsbemühen hat für sie wenig oder nichts gebracht. ganz, oder fast ganz so, wie in der wirklichkeit. sie kommen einfach nicht vom fleck. hätte man sich um sie bemüht und sie mal hier, mal dort und ganz wo anders aufgestellen, wäre die aufmerksamkeit vielleicht grösser.
kassel hat viele FREMDE. und würden diese drei sich darunter mischen, sie würden wirklich nicht auffallen.

thomas schütte
(Foto entliehen: Nic Tenwiggenhorn / VG Bild-Kunst, Bonn 2010)

thomas schütte hat die rückgewinnung der „ kunst des bauens“ für das feld künstlerischer arbeit als kritik und alternative seit seiner studienzeit beibehalten.
mit seinen „one man hauses“ und dem „ferienhaus für terroristen“, (wobei ich mich vertat und
„ferienhaus für touristen“ zu lesen bekam, eine für mich angenehmere variante…), würde er in den plan der Carolyn Christov-Bakargiev für die 13. ausstellung der documenta in das aue-konzept gut hinein passen. sie böten sicher fantasievollere modelle als die bisher sehr schlicht gehaltenen ferienhäuschen…