SELTSAME ZEITEN…
die zeiten sind so seltsam,
so mittelalterlich, so vernunftwidrig,
dass zum ersten mal seit hundert jahren
wahrheit wirklich merkwürdiger ist als dichtung.
jede wahrheit.
gertrude stein
aus: für minuten
SELTSAME ZEITEN…
die zeiten sind so seltsam,
so mittelalterlich, so vernunftwidrig,
dass zum ersten mal seit hundert jahren
wahrheit wirklich merkwürdiger ist als dichtung.
jede wahrheit.
gertrude stein
aus: für minuten
und HOHEN BÄUMEN…
…Es gibt kein Verbot für alte Weiber, auf – hohe – Bäume zu klettern… astrid lindgren
foto: mirko tuschick
W E L T F R A U E N T A G . . .
‚frauen, die nichts fordern, werden beim wort genommen – sie bekommen nichts.‘ simone de beauvoir
2011 – der blick ist der gleiche…
ohne worte – 2009
ANNA ELISABETH TRÜMPER geb. LÖFFELHOLZ – 19.01.1918 – 08.03.2008
EMILIE LÖFFELHOLZ geb. RÖNSCH – 27.6.1875 – 1963
ein Europaabgeordneter hat gerade gesagt, dass Frauen weniger verdienen sollen, weil sie „schwächer, kleiner und weniger intelligent” seien! – und das, nachdem er schon Migranten mit „Exkrementen“ verglichen und im Plenum den Hitler-Gruß gezeigt hat. Es reicht!
sie sind immer noch da – denen es an intelligenz und rücksichtnahme fehlt. ihnen sollte das wort gar nicht erst erteilt werden, sonst könnten andere fauldenker auf die idee kommen, er könnte recht haben. der, der vor hat, bundeskanzler zu werden, macht auch solche schmährufe zur afd…
daher ist der frauentag wichtiger denn je.
die angriffe gegen frauen laufen nur auf anderer ebene, und erdogan will vergewaltiger unbestraft davonkommen lassen, wenn der die frau, die er vergewaltigt hat, heiratet. auch vergewaltigung in einer ehe gehört bestraft…
die liste der gründe, weshalb der frauentag noch nicht zuendegedacht ist, ist lang, aber lassen wir uns nicht abschrecken…
DIESER BEITRAG IST VON 2006…
gedanken von heute würden etwas anders ausfallen. seinerzeit beschäftigte ich mich mehr mit texten – heute mehr mit fotoprojekten…
t r ä u m e
nicht alles, was verträumt dreinschaut, träumt. heute morgen umgibt mich eine träge schwere masse, dem traumzustand ähnlich, aber weit davon entfernt. sie hält mich nieder – innen wie aussen – und verhindert das flexibele denken und gehen. das wetter, das gestern zu hell war, ist heute zu dunkel – immer diese extreme. vielleicht ist es das spiegelbild des lebens, wechselt wie es von hier nach dort, mal auf, mal ab und ist doch nicht seine eigene gestalterin. es geht dem wetter, wie den träumen – sie kommen und gehen und wissen nicht woher und wohin. wie sollten wir da immer genau unsere wege deffinieren können. aber ausser uns selbst will ja auch kaum jemand den genauen verlauf erfahren. so erfahren auch wir uns erst beim gehen – manchmal mit, manchmal ohne ziel. ob wir dabei etwas gewinnen oder verlieren ist unsichtbares sein.
dieses unsichtbare sein, das wir tod nennen – macht es uns nicht deshalb angst, weil es sich unseren vorstellungen entzieht, weil unsere vorstellungen nicht ausreichen für eine ewigkeit, in die wir einzugehen hoffen? und geht unsere sehnen nicht trotz unserer ängste dahin, endlich eins zu werden mit dem weltall, mit einer weltenseele, die wir annehmen, und der sich alles erschliesst und unserem nichtwissen ein ende bereitet?
diesem unsichtbaren sein, dessen wesen unzerstörbar und unvergänglich ist, gehörten wir ihm nicht zu von anbeginn, bevor wir in diese welt hineigeboren wurden – und also auch über diese kleine zeitspanne unseres lebens hinaus?
wir vertrauen der ewigen bewegung der sternengebilde, die uns den fortbestand der ewigkeit garantieren. wir lassen horoskope erstellen und lesen aus den konstellationen der himmelsbilder, welche voraussetzungen für unser leben – das vergangene und das zukünftige auf dieser welt – gegeben sind. es entzieht sich uns also nicht nur die vorstellung von einem zukünftigem, sondern auch von unserem jetzigen leben. die frage, woher wir kommen, zieht die frage nach sich, wer wir sind. nur in teilen können wir es erfassen, und auch nur dann, wenn wir uns diesem prozess bewusst werden, der das ganze leben durchzieht. bewusste menschen werden wir durch die verwandlung von lebensprozessen in bewusstseinsinhalte. dieses ständige verwandeln, das wir leben nennen, ist der sinn unseres sterbens. lebens- oder todesprozess – alles ist einunddasselbe, alles ist eins. wir gehören ihm an – diesem grossen einen – ob wir leben oder sterben. der tod erst lässt aus dem vergänglichen sein der seele das bewusstsein vom ewigen hervorgehen. ‚leben und tod ist in unserem leben ebenso wie in unserem sterben‘. (heraklit)
mehr menschen, als wir ahnen, haben mindestens eine so grosse angst vor dem leben wie vor dem tod. die uneinsichtigkeit, die unmöglichkeit, es in unserem sinne zu lenken und zu beeinflussen, bestimmt ihre vorstellungen und vorahnungen. in dem lebensraum und der lebenszeit, in dem sich sichtbares mit unsichtbarem vermischen, liegen alle möglichkeiten und unmöglichkeiten eines menschenlebens verborgen. zweifel haben darin ebenso cviel platz wie hoffnungen, demzufolge wir weder tot noch lebendig sind. worte, wie tod und zeit und ewigkeit sind nur versuche zu erklären, wo wir uns befinden – hier wie dort – sind oft ungenügende verständigungsmöglichkeiten und den individuellen vorstellungen eines jeden unterlegen. so fühlen wir uns allein – auch ganz zuletzt und von hier aus gesehen. vielleicht ist das unsere todesangst, zu erkennen – zu erkennen, dass wir – bis zuende gedacht – allein sind, und in allem – im leben wie im tod. aus diesem grund suchen wir die gesellschaft von menschen – im grossen wie im kleinen. tief in unserer natur sind wir gruppenmenschen, um diesem leiden an der einsamkeit zu entkommen. wir könnten nicht leben ohne die anderen und ohne sie wäre ein erkennen nicht möglich. in jedem menschen, in all meinem tun, kann ich mich erkennen, spiegelt sich, wer ich bin. mein name macht mich unverwechselbar. auf meinem grabstein wird er eingemeiselt sein, und eine weile noch wird man mich finden auf dem grossen warteplatz für die ewigkeit. dann wird auch er mit mir fallen in das ewige nichts, in dem alles schwingt und alles in sich selber doppelt ist, wo sich die bewegungen von geburt und tod immer wieder neu vollziehen. unangetastet wird sie bleiben – unsere seele, aufgehoben in der grösse und weite der weltenseele. nicht so genau zu sagen. manchmal ist verlust ein gewinn und ein gewinn unser untergang. erhebe sich unser geist an der richtigen stelle und zur richtigen zeit, um dies entscheiden zu können. ein auto ist schön, wenn ich es geschenkt bekomme, aber es ist teufelswerk, wenn ich damit in einem unfall ums leben komme. die relativität ist dehnbar, aber manchmal für persönliches empfinden erschreckend deutlich. es ist relativ früh im jahr, aber relativ spät in meinem leben. es liegt noch relativ viel zeit vor mir, um sie schreibend zu deffinieren, aber wenn ich morgen sterbe, habe ich mich geirrt. es ist glück oder auch unglück, dass wir nicht alles wissen. im nichtwissen unserer zeit liegt auch ein grosses hoffen. mit der genauigkeit ginge dieses hoffen verloren, könnte sogar zur verzweiflung umschlagen, weil wir diese gewissheit unbedingt füllen müssten.
leben wir also mit unseren träumen, leicht oder schwer, mit den relativitäten, so oder auch so. lass uns die zeit einteilen, lass sie uns verschwenden – ganz, wie uns zumute ist und wie wir es vermögen. verzweifeln tue ich manchmal an meinem vermögen, zeit zu füllen mit sinnvollem und daran, dass es mir nicht gelingt, dies auszudrücken. so hoffe ich, dass ich die hoffnung nicht aufgebe, dass mir dies in kleinen ansätzen doch noch gelingen möge.
viele grüsse – oder stossgebet am morgen…
rosadora
04.02.1942 – 07.12.18
INA RÖSING
im grenzbereich
treffen wir uns
du und ich
werfen uns schattenbälle zu
setzen uns lichtkronen auf
mit unseren efeustimmen singen wir
ein halleluja auf den tod
ein halleluja auf das leben
verschmelzen
zu einem einzigen gesang
rosadora
INA KOMMT…
INA – ist die einzige frau am bau – und das ist nicht irgend ein bau, sondern FRAUENHOFER mit einem bauvolumen von 60 millionen euro. sie ist bekannt wie ein bunter hund und bei allen beliebt. das ist nicht schwer zu verstehen – ihre heitere und aufgeschlossene art macht es einem und auch mir leicht – man muß sie einfach mögen. die arbeiter auf dem FRAUNHOFER bau lassen sie das auch spüren. ina beteuert, dass sie mit allen gut auskommt. das ist wichtig für eine frau in einem männerjob. sie ist aufgeschlossen – wir reden noch ein bischen über zicken und zacken anderer frauen in männerjobs. und ich flechte einige meiner eigenen erfahrungen mit ein.
sie macht ihren job mit begeisterung. ihren lkw-führerschein erwarb sie vor drei jahren. ihr mann arbeitete da schon bei der firma KLINGE. das war ein letzter anreiz.
ich fand es schon besonderes, als frau den wunsch zu haben, so ein großes gefährt zu bewegen – und dazu noch so einen riesigen botonfahrmischer. und auch schade, dass sich die frau-männer-berufe nicht besser mischen.
ina sagt – ALS KIND SPIELTE ICH MIT SAND – HEUTE SPIELE ICH MIT BETON.
ich finde sie nicht nur eigenwillig auf ganz sanfte art, sondern auch schön – und heute trägt sie ihr wunderschön rotes haar offen. als sie mit ihrem betonguss an der reihe ist, bindet sie es zusammen. es ist noch ein fahrmischer vor ihr am ausschütten – von daher hatten wir etwas zeit zum reden.
ns
fa. klinge ist zubringer für die fa. spenner herkules kaufungen
11. november 1841 – 2017 also heute…
ich stelle mir vor, eine frau wie ich – 100 jahre vor meiner zeit – und was sie da zu stemmen gehabt haben muß.
unternehmerin, reichste frau im kaiserreich, und 18 jahre allein die geschicke der firma, der familie und der damaligen gesellschaft geleitet.
ihre direktoren ließ sie zu sich nach hause kommen zu den besprechungen. nie stellte sie sich als frau in der damaligen männergesellschaft in den vordergrund. das war taktik – sie wußte warum sie das tat. so ließ mann sie gewähren. respekt hatten zwar alle für sie, aber die rechte bedeutung ihres tuns und wirkens konnte doch niemand ermessen.
um mir das alles zu verdeutlichen, habe ich ihre wirkstätten genauer betrachtet und fotografiert und finde, dass sie noch heute eine ausnahmeerscheinung unter den frauen (und erst der männerwelt) sein würde, oder besser ist.
es gab und gibt keine so große weltfirma, die von einer frau geleitet und zum erfolg gebracht wird und schon gar keine, die so fürsorglich und sozial mit ihren arbeitern und angestellten umgegangen wäre.
viele soziale einrichtungen, die sie gefördert und in die wege geleitet hat, gäbe es ohne sie heute gar nicht. sie hat die ausbildung von mädchen und frauen gefördert und hat das in ihrer zeit noch nicht mögliche frauenstudium befürwortet, mittel für die ersten gymnasialkurse für mädchen in kassel gespendet, gute bedingungen für die rotkreuzschwestern, eine schwestern-pensionskasse, neben gravierenden strukturveränderungen der firma, vorsitz des vaterländischen frauenvereins zu cassel – nein, ich kann es gar nicht alles aufzeigen, was sie bewirkt hat in ihrem frauenleben, in einer zeit, in der frauen im allgemeinen noch keine große beachtung fanden.
also, ein hindenken, ein zurückdenken und – HEUTE IST IHR 176. – einhundertsechsundsiebziger – GEBURTSTAG.
und – meine bewunderung…
das rote kreuz steht heute vor mir in seiner ganzen größe und bedeutung, der park, die wohnanlage.
das sophie henschel haus auf dem unigelände
der sophie henschel-brunnen vor dem rauthaus
d14_IN DER HENSCHELHALLE – IBRAHIM MAHAMA – performance…
während ich diese bilder am imac erstelle, dampft es mir mächtig entgegen – jute.
ich war zur henschelhalle gefahren, um bei der performance von ibrahim mahama mitzuwirken – der war nicht da. dafür studentinnen, die sich jeden dienstag hier treffen.
ich sitze mit ihnen zwischen der sacklandschaft – sie nähen, ich erzähle, sie erzählen – eine wunderbare mischung. da frage ich julia, die ein handy mit sich trägt, ob jute denn aus sisal gewonnen wird. sie sagt – warte, ich schaue nach.
jute ist eine wunderbare pflanze. Ursprünglich stammt die Jute aus den Ländern des Mittelmeerraumes und kam von dort nach Asien, insbesondere Indien und Pakistan.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jute
also – nähen ist weit mehr als nähen – ist treffen, kommunikation, austausch von erfahrungen und vielem mehr. julia ist beruftlich näherin – schneiderin. ich erzähle, dass ich früher alles selbst genäht habe – auch hochzeitskleid und -kostüm. das will ich auch mal machen sagt m., deren namen ich mal wieder vergessen habe. aus alten sachen neue machen – ist einen moment lang das thema. und damastbettwäsche – die wunderbar wiederzuverwenden ist, schwärmt julia.
ich erzähle, dass ich früher, als ich jung verheiratet war, wunderbare bettwäsche bei TRILLHOFF, das war ein kleider- und altwarensammler in der holländischen straße, auf bergen von gelagerten kleider- und wäschebergen fand und in pink und violett eingefärbt habe.
die gespräche gehen wundersame wege – fern von lumpen und jutesäcken.
es ist dann irgenwie schnell schnelll schnell 14 uhr – und ich wollte die ganze halle noch fotografieren, die mich an mein bahnhofsthema erinnert und irgendwie daran anschließt. es ist leider nur dienstags von 11 – 14 uhr geöffnet – ansonsten: geschlossen. es gibt ja noch genug documenta-dienstage. ich komme wieder.