HARRY KRAMER – 20 TODESTAG …

HARRY KRAMER 25.01.1924-20.02.1997

MUSEUM FÜR SEPULKRALKULTUR
20. FEBRUAR – 17. APRIL 2017

HARRY KRAMER_SEPULKRAL_RAD_P1610187es ist nicht der künstler harry kramer – es ist der mensch harry, der in erinnerung geblieben ist.
ich treffe menschen, die auch zu dem anlass gekommen sind, um an ihn zu erinnern.
g., die ebenso wie ich an der uni studiert hat sagt, es ist, als wäre er mitten unter uns.
j. sagt, er ist ganz gegenwärtig
alle, die ich treffe, erzählen von ihm. wie sie ihn erinnern, wie er war und was sie erlebt haben.
in seinem kramer atelier war immer etwas los. man konnte zu ihm kommen, nie wies er einen ab. nebenher arbeitete er. er machte seine riesigen tüpfelbilder. ich bewunderte seine ausdauer und beharrlichkeit.
g., der bei g. aus spanien zu besuch ist, hat auch an der hochschule studiert sagt, er konnte aber auch streng sein, riet den studierenden fleißig zu sein, sonst würde aus ihnen nichts werden.

wir zählen die einzelnen lehrer auf, die uns noch in erinnerung sind. aber harry ist einfach harry. er war quirlig und immer voller ausgefallener ideen. die ganze welt – sie war zu klein für ihn…
mir ist seine schwarze lederkleidung in erinnerung. er liebte motorräder, fuhr einen porsche, dieser kleine große mann. es gab eine zeit, da zog er diesen lederlook nie aus.
zu meinem prof., rambow, konnte man nie kommen, der war sprachlos, wie nicht anwesend, kam einzweimal in der woche aus ffm., machte sein ding und rauschte wieder ab. harry war immer da. er war – na wie soll ich sagen – wie mit seinem atelier verwachsen, ein gesamtbild, das bis heute in erinnerung blieb.
und seine pinkelbilder, die standen im raum hinter ihm. die waren einzig zu der zeit. heute wundert man sich über derlei eskapaten bestimmt nicht mehr. heute muß es nur noch ausgefallen sein, ohne dass ein tieferer sinn dahinter wäre – einfach nur auffallen und scheinbar politisch. und da das alle tun, fällt keiner mehr aus dem rahmen.

von harrys werken, die hier ausgestellt sind, spricht niemand. zum teil sind die ja entstanden, wo die kids und heutigen erwachsenen noch nicht geboren waren. es sind wenige werke – eine handvoll. wir haben ja auch nicht die räumlichkeiten für mehr, sagt c. und das documenta archiv, naja, die lagern gern aus, besonders jetzt in vorbereitung der d14.

die filme werden gemocht. ich kenne sie garnicht, mag keine filme, obwohl die ja auch von einem anderen kaliber sind als die heutigen, video und schnell, schnell und quer.

zur begrüßung bleibe ich nicht. es sind ja mehr oder weniger menschen, die harry gar nicht kannten und nachplappern. helga, seine frau, die in frankreich wohnt, 87 jährig, ist nicht gekommen. der weg war ihr zu beschwerlich.
ich denke oft an harry, ohne jeden anlass – einfach nur so, besuche ihn in der nekropole und wechsle ein paar worte mit ihm. ich denke mir, er würde sich sehr wundern über den zustand der welt. gern würde ich ihn dies oder das fragen und ich weiß, er hätte auf so manches eine antwort, die mir gefallen könnte.

 

HARRY KRAMER_SEPULKRAL RAD 6FACH__20.02HARRY KRAMER_DREIERGRUPPE__20.021 HARRY KRAMER_RAUM IM SEPULKRAL_P1610206HARRY KRAMER TODESTAG_ROTER KEGEL_P1610190 HARRY KRAMER_SEPULKRAL_FILM UND ZUSCHAUER__20.023HARRY KRAMER_SEPULKRAL_VERSCL. SCHRANK BUNT__20.022

AALIYAH die helle hübsche

fürs NEUE JAHR ein NEUES BUCH

AALIYAH die helle hübsche und andere urwaldwesen

nach dem buch DIE DUNKLE SCHÖNE nun DIE HELLE HÜBSCHE

die urwaldwesen locken meine gedanken heraus. sie sind zu meinen begleiterinnen geworden. ihre geschichten sind meine geschichten. ich bemühe mich, ihre sicht der dinge zu sehen, was bis zuende gedacht ja nicht stimmen kann. es kann nicht stimmen, weil ich kein baum bin, weil die gedanken, die ich mit ihnen tausche, ja absolut menschengeschichten, also meine geschichten sind. bei aller empathie gelingt mir das nicht, dabei komme ich ihnen sehr nahe – und immer wieder. sie sind mir gute bekannte geworden über die jahre.

zwischen der DUNKLEN SCHÖNEN und der HELLEN HÜBSCHEN liegen fünf jahre.

auch die HELLE HÜBSCHE begegnete mir vor fünf jahren. dass ich sie nun wiedergefunden habe, war eine große überraschung für mich, zumal die DUNKLE SCHÖNE nicht mehr als solche zu erkennen ist. das verfallsdatum ist sehr unterschiedlich. meine erfahrungen und beobachtungen kann ich daran messen – so ich will. und ich will…

AALIAH TITEL_preview AALIYAH_2017_TITEL _DSC_2911_bearbeitet-1

zu bestellen im verlag BoD – 116 seiten – oder bei mir – 9,90 euro plus porto

DER REIZ DES VERGEHENDEN…

GLASHÜTTE SÜßMUTH…
IMMENHAUSEN
GLASHÜTTE_RUINE_SCHERBEN VOR FENSTER_X_P1580836
die glashütte ist etwas, an das ich mich erinnere. nun steht das gebäude seit 20 jahren und wird nicht mehr gebraucht. es zerfällt und niemand hält den zerfall auf.
die großen alten fabrikgebäude sind auch heute noch beeindruckend. keine ahnung, warum sie niemand als erhaltenswert betrachtet. die kunst fände immer einen grund. doch wie immer, geht es ums geld. man stellt es erstmal unter denkmalschutz und läßt alles wie es ist.

GLASHÜTTE_RUINE_INNEN_II_18.112 GLASHÜTTE_RUINE_INNEN_III_18.113
die bilder, die ich finde, sind einmalig. ich habe ein faible für abrisshäuser und bahnhöfe. es sind spuren in die vergangenheit, die ich neu ordne. dass hier einmal feinstes glas gezaubert wurde – unvorstellbar.
irgendwie fehlt der zauber des morbiden – oder liegts am regenwetter und der schlechten beleuchtung. einen reiz hat es trotzdem für mich. woher die vielen schuhe kommen – frag ich mich – und das blüschkamel und die kinderautos und und und… vielleicht dient es längst als mülldeponie – zu viel kruscht.

GLASHÜTTE_RUINE_INNEN OBEN_I_18.111 GLASHÜTTE_RUINE_INNEN_IV_18.114
dennoch beeindruckt mich die gewaltige halle. noch steht sie, als wolle sie beachtet und aufgerichtet werden. zerschlagenes geschirr und töpfe – ob hier gekocht wurde, oder nur müll. der kleinkram zwischen den beiden hallen hat seinen reiz. so zwischen schilfkolben und blühendem moos. die natur hat ihr anrecht schon gefunden.

GLASHÜTTE_RUINE_V_18.115 GLASHÜTTE_RUINE_VI_18.116 GLASHÜTTE_RUINE_VII_18.117
die vielen fenster gucken auf mich wie große gierige augen. sie sind um mich herum – fast denke ich, so bin ich nicht allein. leichter regen fällt, wie um die wunden zu kühlen oder zu tilgen. ein denkwürdiger ort. ich hoffe, er findet seine bestimmung.GLASHÜTTE_RUINE_XIII_18.119

GLASHÜTTE_RUINE_LANGE FENSTER_18.11 GLASHÜTTE_RUINE_VIII_18.118

die geschichte der glashütte würde ich gern nachlesen können. da gibt es nichts – sagt der mann, der heute hier anwesend ist und die besucherinnen und besucher herein läßt.

 

ES IST EINE ALTE GESCHICHTE…

ES IST EINE ALTE GESCHICHTE…
TETSUMI_AMOUR AUF STÜHLEN_P1580069

Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.

heinrich heine

FRIDERICIANUM_TETSUMI KUDO_KUSS_II_11.11 FRIDERICIANUM-TETSUMI KUDO-KUSS_P1580070_bearbeitet-1
amour
diese beiden – ja was denn – gestalten – ihnen fehlen hand und fuß. sie symbolisieren für mich die totale liebe – eine zärtliche dazu – zärtlich, wie ich sie heute nicht mehr finden kann. sie steckt in meinen erinnerungen fest.
mir fallen dazu moderne filme ein, in denen liebe ist wie auffressen, wie verschlingen, wie vereinnahmen. von zärtlichkeit nicht die geringste spur und ich denke, was kommt nach dem gegenseitigen auffressen

hiroshima mon amour… der film von 1959 fällt mir ein. ich war 20 und tief ergriffen.

ich schaue die werke mit liebenden augen an. die lippen, die herzen, die penisse und das viele sperma – metamorphosen – erklärungen – deutung… und immer wieder liebe in den verschiedensten farben und formen. es wächst aus einem blumentopf heraus – das herz. ein durch liebe befruchtetes – es gebiert zwei kleine herzen. zwei eingesperrte in einem käfig, damit sie nicht entfleuche – die liebe.

TETSUMI_HERZ IN TOPF_P1580179 TETSUMI_HERZPENISSE_P1580208
in ketten gelegt auch – zwei penisse, die zu einem herz verschmelzen. der konflikt – liebe und penis…

philip fragt mich, ob mir die vielen penisse nicht die scham ins gesicht trieben. die scham sei doch in meinen früheren jahren sicher thema gewesen.
war es nicht wirklich. ich erzähle ihm meine eigene geschichte – meine erfahrungen mit scham.
und heute und hier.
ich überlege – nein, weder scham noch peinlichkeit. sie sind ja in ihrer ART schon metamorphisiert  umgestaltet und nicht aktuell mir gegenüber – aber auch dann – nein, nein….
auf jeden fall sind sie gegenstand von diskussionen.

die menschen machen die ausstellung interessant – die gespräche.
die geschichte ist eine lange – von hiroshima bis herher. diese atombombenabwürfe mit  den 32 kilometer hohen atompilzen kriege ich nicht aus meinem kopf. ich war damals sechs jahre. und erst viel später – 15 jahre später – hatte uns dieses monster noch immer im griff. da fragten wir uns, ob nach hiroshima kinderkriegen noch angesagt sei.
noch heute macht es mich unruhig durch die ausstellung zu gehen. der spuk ist nicht vorbei denke ich. er wird nie vorbei sein, solange menschen…
und ich antworte mit TETSUMI KUDO:
Geprägt von den  Atombombenabwürfen über Hiroshima und
Nagasaki erwägt Kudo eine radikale, posthumane Konsequenz: Eine impotente Menschheit wäre frei vom unbedingten Streben nach Fortbestand der Spezies und würde so eine Neuordnung der vorherrschenden Kategorien zuallererst möglich
machen.

WIRBEL IST IMMER…

so du ihn machst…

NICHTBILDER
NICHTBILDER_WIRBEL_III_P1570981NICHTBILDER_WIRBEL_II_P1580005 NICHTBILDER_WIRBEL_V_P1570989
sie sind unberechenbar – sie sind  – um mich herum – ich sehe sie nicht und muss sie doch finden – die NICHTBILDER. sie sind immer da – sind lebendig oder schlafen – machen geräuschlos viel lärm.
die sehanstrengung ist enorm. ich halte die luft an damit sie meine absicht nicht erkennen.
sobald sie von mir notiz nehmen drehe ich mich ab und tue so als meinte ich sie gar nicht.
es ist ein spiel – ein spiel mit farben formen und reflexen. die reflexten liebe ich besonders. das merken sie. deshalb blinseln sie mir zu. sie glauben nicht an verwendung – ich kann sie ja nicht kaufen obwohl sie hier ausgestellt sind die dinge. aber ich mag ja nur ihre reflektierten bildwürfe. wir verstehen uns.
sobald das wetter draussen eklig ist – und das ist es ja selten für mich – komme ich an diesen warmen ort und fange an zu wirbeln…

NICHTBILDER_WIRBEL_I_P1580002 NICHTBILDER_WIRBEL_IV_P1580015 NICHTBILDER_WIRBEL_VI_P1570987

ART ZU FINDEN…

JÜDISCHER FRIEDHOF KASSEL…

jüd. anders_II_P1570957
meine augen tanzen – im regenlicht – im lichtregen – und dann im sonnenschein – zwischen den steinen – die steine schmunzeln – sie blinzeln mir zu – foppen – mal sitzt ein scheinchen auf der kante – winkt und ist auch schon wieder weg – mal sitzt eines auf dem gipfel – bleibt etwas länger.
dieses ausnehmende gucken macht ganz kirre – wie besoffen – mir schwindelt. die gefühle sind irritiert – sie machen mit – finden es aufreizend und amüsant. ich berühige sie mit normalen bildern zwischendrin.

JÜD. FRIEDHOF KS MAL ANDERS_III_06.11 JÜD. FRIEDHOF KS MAL ANDERS_IV_06.111 JÜD. FRIEDHOF KS MAL ANDERS_V_06.112 JÜD. FRIEDHOF KS MAL ANDERS_VI_06.113

eine heimelich anmutende szenerie zwischen den steinen im regensonnenlicht.

JÜD. FRIEDHOF KS MAL ANDERS_VII_06.114

NATURHOLZWUNDER…

AUE_HOLZ MACHT KUNST_FLEDERMAUS_VII_P1570737was ist wo und was ist was – finden – schauen – da ist alles – nichts ist da. ja was denn nun – wenn etwas zum wunder werden soll, mußt du es finden. offenenauges schlure ich durchs herbstlaub – das so bunte und vielfarbige – schlunze vom nordtor bis zum großen bassin – mache ein foto nach dem anderen – so schön ist die welt im herbst – und lande – über thomaseiche und baumhasel im ablageplatz der mhk.
das ist froppevoll mit pflanzenabfall jeglicher art und einem berg zersplitterten holzstämmen. der erlangt meine aufmerksamkeit.

AUE_KUNSTKLOTZ_KOMPO IV_03.113
das viertel eines stammes steht allein und aufrecht im weg. kunst – denke ich –  die offene fläche ins schwarze fallend mit nuancen von hell bis dunkel. absichtslos. es verleitet mich dazu, die schnittflächen des holzabfallhaufens genauer zu betrachten.

AUE_HOLZ MACHT KUNST_ II_03.111 AUE_HOLZ MACHT KUNST_ III_03.112 AUE_HOLZ MACHT KUNST_FROSCHFRAU AUF THRON_V_KOMPO II_03.114 AUE_HOLZ MACHT KUNST_KOMPO_VI_03.115

sie werden – mir zur freude – ebenfalls mit kunstblick betrachtet – kunst – die nichtgemachte – wie nur natur es verbirgt.

AUE_HOLZ MACHT KUNST_I_FLEDERMAUS_03.11menschen haben den bäumen die schläge beigebracht – es war nicht einmal ein schlagabtausch. bäume schlagen zwar aus – im besten alter – aber sie schlagen nicht auf menschen los. die maßen sich an, die lebenszeit eines baumes zu bestimmen – machen ihn dann nieder – alles zur sicherheit der menschen – versteht sich – als ob sie so wehrlos wären – die menschen – und wenn schon…
zuhause bewegen mich die wunderbilder noch immer – ich schiebe sie herum – ordne sie mit- und untereinander – finde namen und entdecke schließlich die froschfrau auf ihrem thron. na sowas… das höchstmaß der synergie ist erreicht, was kunstmacher sicher nicht verstehen können – die ist ja auch natürlich – nicht gemacht. also – auf den zufall – auf das finden – auf das allerwichtigste auf der welt die natur…