DIE WELT HOCHWERFEN…

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wer es könnte
die welt
hochwerfen
dass der wind
hindurchfährt

hilde domin

werfen, wie man getreide hochwirft, um die spreu von den körnern zu trennen. Wenn das ginge – die welt hochwerfen, dann wäre jetzt der geeignete zeitpunkt dafür – hoch und höher, damit die ‚spreu’ sich verfliegen möge in alle winde und noch viel höher, damit sie sich an anderem ort nicht niederlassen kann. Mögen die winde sie fressen…

wir kehren ein im wort, wir finden uns im wort, finden uns selbst

denn wir essen brot
aber wir leben vom glanz

ICH HAB MICH VERGESSEN…

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‚ich hab mich vergessen. irgendwo ist mein name liegengeblieben…’
das suchen hat schon begonnen, lange vor meiner zeit. ich werde gerufen mit falschen namen. alle fliegen an mir vorbei. sie finden mich nicht. sie hängen in den lüften. erhalten keine antwort. schon von anfang an haben sie gesagt, das bist du. aber sie irrten. ich war eine andere. sie konnten es nicht verstehen. auch sehen konnten sie es nicht, obwohl hellsehen eine begabung von ihnen war. oder dachte ich das nur, weil ich hellsichtig war und annahm, sie müssten es auch sein? es heisst: ich rufe dich mit deinem namen. Continue reading

PHANTASTISCH DER TRAUM…

robert walser

die phantasie erlöst uns,
und der traum ist unser befreier.
der schlaf hat innere augen.
wichtig ist nur die reise zu
sich selbst.

rose ausländer sagt in einem ihrer gedichte …‚der traum hat offene augen’…
diese parallele fiel mir heute morgen durch die klangähnlichkeit auf:
der traum hat innere augen
der traum hat offene augen Continue reading

WENN ICH MIR WAS WÜNSCHEN DÜRFTE…

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WENN ICH MIR WAS WÜNSCHEN DÜRFTE,
MÖCHT ICH ETWAS GLÜCKLICH SEIN,
DENN WENN ICH GAR ZU GLÜCKLICH WÄRE,
HÄTTE ICH HEIMWEH NACH DEM TRAURIGSEIN.

das glück ist nicht in dem, worin wir es suchen,
auch nicht das, was wir erhoffen und ersehnen.
das glück ist unberechenbar und geheimnisvoll.
das glück, es kann sein wie ein leiser schauer,
es kann aber auch sein wie ein grosser donner.
das glück kommt nicht sonntags –
es kommt, wann es will.
der grund, worüber ich glücklich sein kann,
liegt in mir. Continue reading

IM SPIEGEL DER BÄCHE…

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du nahmst dir alle sterne über meinem herzen –
immer tust du das, was mich aufschauen lässt, mein leben zu müden.

ich kann den abend nicht mehr über die hecke tragen –
im spiegel der bäche finde ich mein bild nicht mehr.

mein herz geht langsam unter,
ich weiss nicht wo…

else lasker-schüler

UNSICHTBARES SEIN . . .

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dieses unsichtbare sein, das wir tod nennen – macht es uns nicht deshalb angst, weil es sich unseren vorstellungen entzieht, weil unsere vorstellungen nicht ausreichen für eine ewigkeit, in die wir einzugehen hoffen? und geht unsere sehnen nicht trotz unserer ängste dahin, endlich eins zu werden mit dem weltall, mit einer weltenseele, die wir annehmen, und der sich alles erschliesst und unserem nichtwissen ein ende bereitet?
diesem unsichtbaren sein, dessen wesen unzerstörbar und unvergänglich ist, gehörten wir ihm nicht zu von anbeginn, bevor wir in diese welt hineigeboren wurden – und also auch über diese kleine zeitspanne unseres lebens hinaus? Continue reading

KLAGE UND TRAUER . . .

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sicher sind klage und trauer nicht dasselbe.
vielleicht gilt auch zu unterscheiden, dass es so etwas wie eine tradition gibt (klageweiber), in der man lebt und eine persönliche ebene, die auch wichtig ist. jemand der / eine die in der tradition lebt und mit ihr, wird diese vielleicht nicht hinterfragen, um etwas eigenes herauszufinden. tradition kann bequem sein oder lästig, jenachdem. ein trauerjahr – trauerkleider. die lebenden tun es für sich, die toten erfahren es selbst nicht mehr. Continue reading